Ein Machtzentrum ohne Ergebnis
Sechs Stunden Beratung, keine Klarheit: Der Koalitionsausschuss von CDU, CSU und SPD hat in der Nacht zwar lange verhandelt, aber öffentlich kein einziges Wort über den entscheidenden Konflikt verloren.
Unter Leitung von Bundeskanzler Friedrich Merz und Vizekanzler Lars Klingbeil sollte das Treffen Bewegung in den festgefahrenen Streit über das Rentenpaket bringen. Am Ende blieb die Runde stumm – ein bemerkenswertes Signal für eine Regierung, die demonstrativ Geschlossenheit betonen will.

Der Rentenstreit spaltet die eigene Mehrheit
Im Zentrum steht die Frage, wie hoch das Rentenniveau nach 2031 liegen soll. Das Paket der Regierung sieht vor, die bisher garantierten 48 Prozent dauerhaft zu sichern. Die Junge Gruppe in der Unionsfraktion stellt sich quer: 18 Abgeordnete lehnen die Pläne wegen aus ihrer Sicht unkalkulierbarer Milliardenkosten ab. Das Risiko ist real – fällt die Gruppe nicht um, verliert die Koalition ihre rechnerische Mehrheit für eines ihrer wichtigsten sozialpolitischen Projekte.
Die SPD-Führung und der Kanzler haben den Kurs festgezurrt: Keine Änderungen am Gesetzentwurf, kein Rückzug auf Kompromisslinien. Für den konservativen Nachwuchs der Union wirkt diese Härte wie eine Provokation. Beide Seiten wissen, dass ein Scheitern des Rentenpakets politisch weit über die Rentenpolitik hinausreichen würde.
Die Suche nach einem Ausweg beginnt gerade erst
Unionsfraktionschef Jens Spahn versucht, die Blockade mit dem Angebot eines zweiten Rentenpakets aufzulösen – ein politischer Nebenweg, der vor allem den Rebellen eine Brücke bauen soll. Der Vorschlag zeigt aber auch, wie wenig substanziell die Regierung die Konfliktlinie bislang bearbeiten konnte. Die Gespräche zwischen Fraktionsspitze und der Jungen Gruppe sollen am Freitag weitergehen. Ob dieses Verfahren die nötige Stabilität für die Abstimmung bringt, ist offen.

Die Uhr tickt: Offiziell ist die Abstimmung im Bundestag für die kommende Woche vorgesehen. Sie kann jederzeit verschoben werden – ein Schritt, den die Junge Gruppe bereits selbst ins Spiel gebracht hat, um Zeit zu gewinnen. Dass ein zentrales Projekt der Koalition womöglich am Widerstand des eigenen Nachwuchses scheitert, verschärft den Druck auf alle Beteiligten.
Ein Ausschuss ohne erkennbare Steuerung
Neben der Rentenfrage standen auch das Verbrenner-Aus und das Heizungsgesetz auf der möglichen Agenda. Doch weder darüber noch über die eigentliche Streitfrage gaben die Spitzen der Koalition Auskunft. Der Ausschuss, formell das zentrale Machtgremium des Bündnisses, wirkte wie ein Raum, in dem alle relevanten Entscheidungen vertagt wurden.
Bemerkenswert ist auch die Zusammensetzung: Neben Merz und Klingbeil sitzen acht weitere Männer und eine Frau mit am Tisch – Arbeitsministerin und SPD-Chefin Bärbel Bas. Sie hätte an diesem Abend eigentlich die Rolle der Erklärenden übernehmen müssen. Stattdessen blieb Schweigen das einzige gemeinsame Ergebnis.
Der Kanzler startet ohne Pause in den nächsten Konflikt
Während die Koalition an der Rentenfrage hängenbleibt, setzt Merz seinen Terminplan fort. Schon am Vormittag empfängt er Sloweniens Ministerpräsidenten Robert Golob mit militärischen Ehren im Kanzleramt. Themen sind Ukraine, Westbalkan, europäische Politik – kurz: alles, was eine Regierung in Bewegung halten muss, während sie innenpolitisch ins Stocken gerät.
Die nächtliche Sitzung hat gezeigt, wie fragil das schwarz-rote Bündnis geworden ist. Wenn ein Koalitionsausschuss sechs Stunden lang tagt und die zentrale Frage unangetastet lässt, sagt das mehr über den Zustand dieser Regierung als jede Pressekonferenz.



