15. Juni, 2025

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Kassel schlägt München: Wo Deutschlands Bürger wirklich glücklich sind

Der neue Glücksatlas 2025 überrascht: Weder Wohlstand noch Stadtgröße bestimmen die Lebenszufriedenheit der Deutschen. In kleinen und mittelgroßen Städten ist die Laune auffällig besser – und die deutschen Metropolen fallen teilweise dramatisch zurück.

Kassel schlägt München: Wo Deutschlands Bürger wirklich glücklich sind
Mehr Geld, weniger Glück: München liegt bei Einkommen vorn – aber bei der Lebenszufriedenheit deutlich zurück.

Ein unerwartetes Ranking

Kassel ist Spitzenreiter. Bereits zum zweiten Mal in Folge sichert sich die hessische Großstadt Platz eins im bundesweiten Glücksatlas. Krefeld folgt auf Rang zwei. Beide Städte sind weder besonders reich noch besonders groß – und genau darin liegt offenbar ihr Vorteil.

Wo es sich am glücklichsten lebt
Die Lebenszufriedenheit in Deutschlands Großstädten ist spürbar gestiegen. Nahezu alle 40 Städte im Ranking verzeichnen Zuwächse, nur wenige verlieren. Besonders gut schneiden kleinere Städte ab, die familiär, beschaulich, sicher und grün geblieben sind. Großstädte mit über 400.000 Einwohnern liegen dagegen tendenziell zurück – trotz höherem Wohlstand. In reicheren Städten sind die Menschen kaum zufriedener als in ärmeren. Entscheidend für hohes Lebensglück ist eine ausgeglichene Zufriedenheits­verteilung. Wo das Gefälle zwischen Hoch- und Unzufriedenen groß ist, leidet das Glücksniveau der ganzen Stadt. Kassel führt das Ranking erneut an, während Rostock abgeschlagen das Schlusslicht bildet.

Die Autoren der Untersuchung betonen: Entscheidend sei nicht das Einkommen, sondern die Kombination aus jungen Bevölkerungsstrukturen, grünen Erholungsflächen und guter Gesundheitsversorgung.

Wenn Wohlstand nicht glücklich macht

Das Ergebnis widerspricht gängigen Annahmen. Während in Städten wie Karlsruhe oder München objektive Lebensqualitätsindikatoren – Einkommen, Arbeitsmarkt, Betreuungsangebote – auf Spitzenniveau liegen, berichten die Einwohner von vergleichsweise niedriger Lebenszufriedenheit.

Karlsruhe landet trotz bester Lebensqualitätswerte am unteren Ende des Glücksrankings. München, traditionell Aushängeschild für Wohlstand und Wirtschaftsstärke, schafft es ebenfalls nur ins untere Drittel.

Das Glücksstädteranking

Für weitere Informationen bitte auf die Stadt klicken.

Rang
2025
Rang
2024
  Stadt Glücks-
index
2025
Rang
gemäß
»objektiver«
Indikatoren
Overperformer
oder
Underperformer?
1 (1) Kassel 7,44 15 Overperformer
2 (5) Krefeld 7,39 37 Overperformer
3 (8) Düsseldorf 7,36 28 Overperformer
4 (7) Augsburg 7,33 22 Overperformer
5 (3) Aachen 7,33 10 Overperformer
6 (2) Erfurt 7,27 22 Overperformer
7 (6) Münster 7,24 4 O
8 (10) Mönchengladbach 7,22 27 Overperformer
9 (12) Hamburg 7,21 17 Overperformer
10 (13) Duisburg 7,20 35 Overperformer
11 (16) Oberhausen 7,20 38 Overperformer
12 (4) Kiel 7,18 22 Overperformer
13 (17) Bonn 7,17 5 Underperformer
14 (9) Halle (Saale) 7,14 34 Overperformer
15 (11) Leipzig 7,11 26 Overperformer
16 (18) Chemnitz 7,10 20 O
17 (15) Mannheim 7,09 13 Underperformer
18 (31) Lübeck 7,06 29 Overperformer
19 (14) Stuttgart 7,02 7 Underperformer
20 (21) Mainz 7,01 6 Underperformer
21 (22) Freiburg im Br. 7,01 2 Underperformer
22 (20) Bielefeld 6,95 12 Underperformer
23 (29) Essen 6,95 36 Overperformer
24 (19) Köln 6,91 18 Underperformer
25 (23) Dortmund 6,87 40 Overperformer
26 (27) Bochum 6,85 25 O
27 (24) München 6,84 3 Underperformer
28 (26) Wuppertal 6,82 33 Overperformer
29 (28) Dresden 6,81 21 Underperformer
30 (25) Magdeburg 6,80 32 O
31 (30) Bremen 6,77 31 O
32 (32) Hannover 6,76 11 Underperformer
33 (35) Gelsenkirchen 6,74 39 Overperformer
34 (36) Braunschweig 6,67 9 Underperformer
35 (34) Frankfurt am Main 6,65 14 Underperformer
36 (33) Nürnberg 6,62 16 Underperformer
37 (37) Berlin 6,62 30 Underperformer
38 (39) Karlsruhe 6,61 1 Underperformer
39 (38) Wiesbaden 6,45 8 Underperformer
40 (40) Rostock 6,08 19 Underperformer

Große Städte, große Probleme

Ab einer Einwohnerzahl von 400.000 kippt die Stimmung spürbar. Die großen Metropolen Köln, Frankfurt, Berlin oder Dresden reihen sich am Ende der Rangliste ein.

Die Erklärung: Steigende Kriminalität, überlastete Verkehrssysteme, hohe Mieten, weniger Wohnfläche pro Kopf und zunehmende soziale Ungleichheit drücken auf die Lebensfreude. Hinzu kommt der Verlust sozialer Verbundenheit in anonymen Großstadtkonstrukten.

Überraschende Gewinner und Verlierer

Auffällig ist die starke Spreizung auch innerhalb der Regionen. In Ostdeutschland schneiden Städte wie Halle, Leipzig und Chemnitz solide im Mittelfeld ab, während Rostock auf den letzten Platz rutscht.

Im Westen glänzen Kassel, Krefeld, Augsburg, Aachen und Düsseldorf, während Wiesbaden und Karlsruhe enttäuschen. Dabei zeigen sich klare Muster: Städte mit viel Bautätigkeit, hohem Wirtschaftsausstoß und schneller demographischer Dynamik gehören häufiger zu den sogenannten „Underperformern“.

Demografischer und psychologischer Faktor entscheidend

Die Studienautoren machen zudem deutlich: Neben klassischen Standortfaktoren spielt der psychologische Aspekt eine entscheidende Rolle.

Wo die Unterschiede zwischen zufriedenen und unzufriedenen Bürgern innerhalb einer Stadt besonders groß sind, sinkt die durchschnittliche Zufriedenheit spürbar. Gleichmäßigkeit, moderate Größe und ein stabiles soziales Umfeld wirken als Puffer gegen Unzufriedenheit.

Die Illusion der Wohlstandsmetropolen

Die Daten des Glücksatlas entlarven einmal mehr die verbreitete Annahme, dass steigender Wohlstand automatisch zu höherer Zufriedenheit führt. Im Gegenteil: In vielen Fällen neutralisieren sich positive und negative Wohlstandseffekte gegenseitig.

Lärm, Luftverschmutzung, Stau, Wohnraummangel und hohe Lebenshaltungskosten zehren an den Nerven der Bewohner wirtschaftlich starker Ballungsräume. Kassel und Krefeld zeigen: Kleinere, weniger hektische Städte bieten für viele Bürger derzeit das bessere Lebensmodell.

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