16. Dezember, 2025

Unternehmen

Kahlschlag bei Berenberg trifft ganze Teams

Nach dem Abgang von Klaus Naeve verschärft die Hamburger Privatbank ihren Umbau. Interne Einschnitte weiten sich aus – und deuten auf einen tieferen strategischen Bruch hin.

Kahlschlag bei Berenberg trifft ganze Teams
Nach dem Abgang von Klaus Naeve weitet Berenberg den Umbau aus. Bis zu 20 Personalien stehen im Raum – betroffen sind ganze Teams.

Der personelle Einschnitt bei Berenberg war kein isolierter Vorgang, sondern der Auftakt zu einer umfassenden Bereinigung. Die Abberufung von Klaus Naeve aus der erweiterten Geschäftsleitung Anfang Dezember markierte den sichtbaren Startpunkt. Inzwischen zeigt sich: Der Umbau greift deutlich weiter als zunächst kommuniziert – und er trifft nicht nur einzelne Führungskräfte, sondern ganze Einheiten.

Nach Recherchen aus Branchenkreisen stehen bei der traditionsreichen Privatbank bis zu 20 Personalien zur Disposition. Betroffen sind mehrere Markteinheiten, quer durch Vertrieb, Kooperationen und interne Funktionen. Offiziell hält sich Berenberg bedeckt. Doch das Schweigen wirkt angesichts der Dynamik eher bestätigend als beruhigend.

Der Umbau geht weit über Symbolpolitik hinaus

Nach außen verkauft die Bank die Neuordnung als Effizienzprogramm. Straffere Strukturen, klarere Zuständigkeiten, engere Verzahnung der Geschäftsbereiche. Die Wortwahl ist vertraut, der Ton technokratisch. Hinter den Kulissen zeigt sich jedoch ein deutlich härterer Schnitt.

Nach Informationen aus unabhängigen Quellen kommt es im Wholesale-Geschäft, im Kooperationsvertrieb sowie im internationalen Vertrieb zu substanziellen Einschnitten. Standorte wie Zürich, Paris, Genf und London sind betroffen. Auch Teile des Marketingteams stehen offenbar zur Disposition. Unbestätigte Berichte sprechen zudem von Veränderungen in IT und Controlling.

Eine offizielle Zahl nennt die Bank nicht. In der Branche kursiert jedoch übereinstimmend die Größenordnung von bis zu 20 Stellen. Ein Sprecher wollte entsprechende Berichte weder bestätigen noch dementieren.

Die Personalentscheidungen verstärken bestehende Irritationen

Die aktuellen Maßnahmen fallen in eine Phase, in der Berenberg ohnehin unter erhöhter Beobachtung steht. Bereits in den Monaten zuvor hatte die Bank mit Entscheidungen überrascht, die intern wie extern Fragen aufwarfen.

Das abrupt beendete Experiment eines neu geschaffenen Chief Investment Office, der Weggang zweier zentraler Investmentverantwortlicher und die ungewöhnlich schnelle Beförderung eines 34-Jährigen zum Leiter eines neu zugeschnittenen Großbereichs sorgten für Unruhe. In Summe entstand der Eindruck eines Managements, das in kurzer Taktung grundlegende Richtungsentscheidungen trifft – ohne erkennbare Übergangslogik.

Vor diesem Hintergrund wirken die aktuellen Entlassungen weniger wie eine gezielte Feinjustierung, sondern wie Teil eines größeren, noch nicht abgeschlossenen Umbaus. Auf den Fluren der Bank wird offen darüber spekuliert, dass weitere personelle Einsparungen im kommenden Jahr folgen könnten.

Asset Management steht unter strukturellem Druck

Im Zentrum der Entwicklung steht das Asset Management. Die Zahlen liefern wenig Interpretationsspielraum. Das Volumen der Publikumsfonds ist innerhalb von drei Jahren von 7,2 auf 3,2 Milliarden Euro gefallen. Ein Rückgang um 55 Prozent. Besonders stark betroffen sind jene Strategien, die lange als Aushängeschild galten: europäische Growth- und Small-Cap-Fonds, deren Volumina teilweise auf Bruchteile früherer Größen geschrumpft sind.

Dieser Rückgang ist kein kurzfristiger Markteffekt, sondern Ausdruck struktureller Probleme. Performance, Marktumfeld und Anlegerpräferenzen haben sich gegen aktive, kostenintensive Strategien gewendet. Dass eine Bank auf solche Entwicklungen reagiert, ist zwingend. Entscheidend ist jedoch das Wie.

Neue Struktur verändert Rollen und Machtachsen

Mit der Zusammenlegung von Wealth, Asset und Corporate Management schafft Berenberg nicht nur eine neue organisatorische Einheit, sondern de facto ein neues Geschäftsmodell. Mandatslösungen für vermögende Privatkunden und Multi-Asset-Fonds sollen künftig aus einer Hand gesteuert werden.

Der Ansatz verspricht Effizienzgewinne und geringere Reibungsverluste. Gleichzeitig verändert er die Rolle klassischer Portfolio-Manager grundlegend. Wo Allokationsentscheidungen zentralisiert werden, sinkt der Bedarf an dezentralen, spezialisierten Managern. Personalabbau wird damit nicht nur möglich, sondern systemisch angelegt.

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Für Mitarbeiter bedeutet das einen tiefen Einschnitt in etablierte Verantwortlichkeiten. Für die Bank ist es der Versuch, Kosten zu senken und Entscheidungsprozesse zu beschleunigen – in einem Umfeld, das wenig Geduld für lange Umbauphasen zeigt.

Vertrieb ist kein austauschbarer Kostenblock

Besonders heikel sind die Einschnitte im Vertrieb. Im Asset Management sind Vertriebsteams mehr als reine Kostenstellen. Sie sind Schnittstelle zum Markt, zu institutionellen Investoren, zu Beratern und Plattformen. Ohne sie lassen sich selbst überzeugende Produkte kaum skalieren.

Berenberg hat in den vergangenen Jahren erheblich in sein Markenbild als aktiver Qualitätsmanager investiert. Ein aufwendiger Markenrelaunch sollte genau dieses Profil schärfen. Die aktuellen Personalmaßnahmen konterkarieren diesen Anspruch. Innerhalb kurzer Zeit verliert die Bank zentrale Ansprechpartner und Marktzugänge, die sich nicht ohne Weiteres ersetzen lassen.

Der Eindruck entsteht, dass kurzfristige Kostendisziplin über langfristige Marktpräsenz gestellt wird. Das mag bilanziell nachvollziehbar sein, birgt jedoch strategische Risiken.

Geschwindigkeit wird zum dominierenden Merkmal

Auffällig ist weniger die Richtung als das Tempo. Kaum ein Monat vergeht ohne strukturelle Eingriffe. Entscheidungen folgen dicht aufeinander, Übergangsphasen sind kurz, Kommunikation bleibt sparsam. Die Bank agiert, als stehe sie unter erheblichem Zeitdruck.

Das kann Ausdruck entschlossener Führung sein. Es kann aber auch darauf hindeuten, dass frühere Weichenstellungen zu spät korrigiert wurden und nun nachgeholt werden müssen. In beiden Fällen steigt die Belastung für die Organisation.

Der aktuelle Kahlschlag wirkt daher nicht wie der Abschluss eines Plans, sondern wie eine Zwischenetappe. Vieles deutet darauf hin, dass Berenberg noch nicht am Ende seiner Neuordnung angekommen ist. Die kommenden Monate dürften zeigen, ob die Bank mit dem harten Schnitt wieder Stabilität gewinnt – oder ob der Umbau weitere Opfer fordert.

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