Ein neuer Gigant im Privatkundengeschäft
Die Ankündigung kam nicht überraschend, doch ihre Wucht dürfte viele Banker in Frankfurt und Berlin aufgeschreckt haben: JPMorgan Chase, die wertvollste Bank der Welt, steigt in den deutschen Privatkundenmarkt ein.
Ab dem zweiten Quartal 2026 soll die digitale Tochter „Chase“ hierzulande starten – rein App-basiert, mit Servicekanälen über Telefon und Chat. Zum Auftakt will die Bank ein Tagesgeldkonto anbieten.
„Deutschland hat eine ausgeprägte Sparkultur, eine wachsende Nachfrage und einen innovationsfreudigen Markt“, erklärte Daniel Llano Manibardo, der erst kürzlich von der ING Deutschland zu JPMorgan wechselte und den Markteintritt verantwortet.
Konkurrenz für die Platzhirsche
Die Botschaft ist klar: Die deutschen Banken, ohnehin schon von niedrigen Margen und zunehmendem Wettbewerb gezeichnet, bekommen es mit einem Gegner zu tun, der über unerschöpfliche Ressourcen und Technologieerfahrung verfügt.

Erst im Juni hatte die spanische BBVA den Markteintritt mit einem Zins-Lockangebot gewagt – nun folgt der nächste Schlag aus dem Ausland. Für Sparkassen, Volksbanken und selbst Direktbanken wie ING oder DKB könnte die Luft enger werden.
Berlin als Schaltzentrale
Der Sitz der deutschen Chase-Niederlassung soll in Berlin entstehen, die offizielle Eröffnung ist für Ende 2025 geplant. JPMorgan ist hierzulande längst präsent: Über 900 Mitarbeiter arbeiten bereits in Frankfurt und anderen Standorten, bislang aber fast ausschließlich im Firmen- und Vermögensgeschäft.

Mit Chase erweitert die Bank ihren Radius deutlich – weg von den Großkonzernen, hin zum Massengeschäft mit Millionen Sparern.
Lehren aus Großbritannien
Das Vorbild ist Großbritannien. Dort ist Chase seit 2021 aktiv und konnte nach eigenen Angaben bereits rund 2,5 Millionen Kunden gewinnen – vor allem mit attraktiven Zinsen, intuitiver App und aggressiver Vermarktung.
Deutschland soll nun der zweite große Markt in Europa werden. Dass JPMorgan das Experiment ernst meint, zeigt nicht nur die Wahl Berlins als Standort, sondern auch die personellen Investitionen.
Anleger bleiben gelassen
An der Wall Street sorgte die Nachricht kaum für Bewegung. Die JPMorgan-Aktie notierte im vorbörslichen Handel am Donnerstag mit 299,79 Dollar nur leicht fester. Für Investoren ist der Schritt vorerst ein kleiner Baustein in einem globalen Wachstumsplan.
Für den deutschen Bankenmarkt hingegen ist er ein Paukenschlag: Der Wettbewerb wird härter, und die vermeintliche Sicherheit der heimischen Sparkultur gerät ins Wanken.
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