05. Juli, 2025

Wirtschaft

Inflation auf Zielkurs – aber kein Grund zur Entwarnung

Die Teuerungsrate in der Euro-Zone liegt im Juni erstmals wieder exakt bei 2,0 Prozent – also dort, wo die EZB sie haben will. Doch die Details zeigen: Der Kampf gegen die Inflation ist alles andere als gewonnen.

Inflation auf Zielkurs – aber kein Grund zur Entwarnung
Inflation auf Ziel, Kernrate darüber: Während die Gesamtteuerung bei 2,0 % liegt, verharrt die Kerninflation bei 2,3 % – das eigentliche Sorgenkind der EZB.

Inflation erreicht Zielmarke – und bleibt ein Risiko

Die Inflationsrate in der Euro-Zone ist im Juni auf exakt 2,0 Prozent gestiegen – und liegt damit auf dem Papier genau dort, wo die Europäische Zentralbank (EZB) sie gerne hätte.

Doch ein genauer Blick zeigt: Der Preisdruck ist hartnäckiger, als viele glauben. Besonders Dienstleistungen bleiben deutlich teurer, die Kerninflation stagniert auf hohem Niveau – und der Spielraum für die EZB wird enger.

Dienstleistungen bleiben Preistreiber

Während Energiepreise weiter nachgeben und auch Industriegüter relativ stabil bleiben, zeigt sich bei Dienstleistungen ein anderes Bild: Sie verteuerten sich im Juni um 3,3 Prozent – der höchste Wert unter allen Hauptkategorien.

Gerade in einem Sektor, der lohnintensiv ist, lässt das auf anhaltenden Druck durch gestiegene Arbeitskosten schließen. Wer etwa einen Handwerker, Friseur oder Steuerberater braucht, zahlt deutlich mehr – mit spürbaren Folgen für den Alltag der Verbraucher.

Kerninflation auf hohem Niveau eingefroren

Noch wichtiger für die Währungshüter: Die sogenannte Kerninflation, bei der volatile Posten wie Energie und Lebensmittel ausgeklammert werden, bleibt bei 2,3 Prozent – und damit über der Zielmarke.

Das ist ein Problem. Denn die Kerninflation gilt als besonders hartnäckig und aussagekräftig für mittelfristige Preistrends. Ein Rückgang sieht anders aus.

Zinssenkungen: Risiko oder richtiges Timing?

Die EZB hatte zuletzt den Leitzins zum achten Mal in Folge gesenkt, der Einlagensatz liegt nun bei 2,0 Prozent. Doch die Zinswende ist nicht unumstritten: Kritiker warnen, dass die Notenbank zu früh auf Lockerung setzt und sich damit selbst ein Bein stellt.

Sollten Dienstleistungen und Kernpreise weiter steigen, könnte die EZB in wenigen Monaten schon wieder umschwenken müssen – in die entgegengesetzte Richtung.

Verbrauchererwartungen: Leichter Rückgang, aber kein Optimismus

Zwar zeigen Umfragen der EZB, dass Verbraucher ihre Inflationserwartung leicht zurückgenommen haben – von 3,1 Prozent im April auf 2,8 Prozent im Mai. Doch das ist weiterhin deutlich über der angestrebten Zwei-Prozent-Marke.

Das Vertrauen in die dauerhafte Stabilität der Preise scheint also noch nicht zurückgekehrt zu sein. Eine hartnäckige Erwartung höherer Preise kann sich selbst verstärken – etwa über Tarifverhandlungen oder Mietforderungen.

Deutschland bremst – aber nicht genug

Besonders auffällig ist: Ausgerechnet in Deutschland, der größten Volkswirtschaft des Euroraums, ist die Inflation im Juni leicht gesunken – entgegen dem Trend.

Doch dieser Effekt ist gering und reicht nicht aus, um den Aufwärtstrend in der Gesamtzone zu stoppen. Zudem bleibt offen, wie stark die Preise bei uns in den kommenden Monaten wieder anziehen, wenn temporäre Sondereffekte (etwa bei Energie) auslaufen.

EZB unter Zugzwang – zwischen Stabilität und Stimulus

Die zentrale Frage lautet nun: War das schon der Wendepunkt – oder nur eine Atempause? Die EZB steht vor einem Dilemma. Einerseits mahnt die Konjunktur zur Zinssenkung – in vielen Ländern steckt das Wachstum fest, vor allem im Süden der Euro-Zone.

Andererseits deutet die Preisentwicklung darauf hin, dass der Inflationsdruck strukturell bestehen bleibt, vor allem im Dienstleistungssektor.
Für Christine Lagarde und ihre Kollegen wird der Spagat zwischen Preisstabilität und wirtschaftlicher Unterstützung zur Gratwanderung.

Das könnte Sie auch interessieren:

Immobilien im Umbruch – Warum Investoren jetzt radikal umdenken müssen
Pimco warnt: Alte Strategien funktionieren nicht mehr. Wer heute noch auf breite Allokation und Cap-Rate-Kompression setzt, verliert den Anschluss. Der Immobilienmarkt verlangt Präzision, Mut – und ein völlig neues Denken.