Optimismus aus New York
Infineon bekommt Rückenwind – und diesmal nicht nur von der Börse selbst. Die US-Investmentbank Jefferies hat ihr Kursziel für die Aktie des Münchner Halbleiterherstellers von 42 auf 45 Euro angehoben.
Analyst Janardan Menon sieht verbesserte Auftragseingänge im Industrie- und Automobilsegment. Die zyklische Erholung in der Chipbranche dürfte sich fortsetzen – mindestens bis Jahresende.
Der Markt reagierte prompt. Der Infineon-Kurs legte am Donnerstagvormittag 1,39 Prozent zu und kletterte im XETRA-Handel auf 36,71 Euro.
Das ist der höchste Stand seit Februar – und zeigt: Die Aktie hat sich freigeschwommen. Der Abstand zum neuen Kursziel liegt dennoch bei knapp 24 Prozent. Es wäre nicht das erste Mal, dass Infineon die Erwartungen überrascht.
Die Stunde der Industriechips
Was Menon und andere Analysten aktuell zuversichtlich stimmt, ist vor allem ein Bereich, den viele Anleger lange unterschätzt haben: Industriechips. Sensoren, Leistungshalbleiter, Steuerungen für E-Mobilität und Fertigungstechnik – Infineon hat sich in genau diesen Nischen breit und tief positioniert.
Während Speicher- und CPU-Hersteller wie Intel oder Micron stärker unter Preisdruck und US-Zöllen leiden, profitieren Anbieter wie Infineon von der Nachfrage nach energieeffizienter Leistungselektronik.
Gerade die Transformation der Automobilbranche – weg vom Verbrenner, hin zur vollelektrischen Architektur – spielt dem Konzern in die Karten. Inzwischen stecken in jedem E-Auto etliche Bauteile von Infineon, vom Spannungswandler bis zum Hochvolt-Treiber. Diese Spezialisierung ist weniger glamourös als KI-Hardware, dafür aber robuster im Zyklus.
Zahlen, die Erwartungen wecken
Am 6. August wird Infineon seine Zahlen für das dritte Geschäftsquartal vorlegen. Schon jetzt ist klar: Die Latte liegt hoch. Branchenbeobachter rechnen nicht nur mit stabilen Umsätzen, sondern auch mit einer möglichen Anhebung der Jahresprognose.
Damit würde das Management um CEO Jochen Hanebeck ein starkes Signal an den Kapitalmarkt senden – und zeigen, dass die temporären Belastungen durch US-Zölle verkraftbar sind.
Insidern zufolge könnte Infineon durch ein starkes Industriegeschäft und Effizienzmaßnahmen einen Rückgang von bis zu 400 Millionen Euro beim US-Geschäft kompensieren. Eine solche Leistung wäre bemerkenswert – und würde auch die politische Relevanz des Unternehmens weiter erhöhen.
Chipkonjunktur mit deutschem Akzent
Während viele Halbleiterkonzerne nach dem Boomjahr 2021 in eine Phase der Konsolidierung geraten sind, nutzt Infineon die Delle zur strategischen Neuausrichtung.
Investitionen in Dresden und Malaysia sollen die Lieferkette stabilisieren, neue Produkte im Bereich Leistungselektronik und Power-Management kommen noch dieses Jahr auf den Markt. Anders als bei vielen US-Wettbewerbern geht es bei Infineon weniger um spektakuläre Margen – sondern um Verlässlichkeit und industrielle Skalierung.
Diese Strategie kommt am Kapitalmarkt gut an – vor allem, weil sie weniger abhängig ist von Modetrends wie KI oder Cloud-Infrastruktur. Während Nvidia und AMD in einer Hochspannungswelt aus Hype und Enttäuschung agieren, arbeitet Infineon im Hintergrund – oft unter dem Radar, aber dafür mit solidem Fundament.
Stille Stärke statt Spektakel
Dass ein Konzern wie Infineon derzeit wieder stärker in den Fokus rückt, liegt auch daran, dass Investoren müde geworden sind von überzogenen Erwartungen und enttäuschten Hoffnungen im Tech-Sektor. Eine Aktie, die wächst, aber nicht überhitzt – und deren Management mit ruhiger Hand durch ein schwieriges Marktumfeld navigiert – wird zunehmend attraktiv.
Jefferies ist übrigens nicht allein: Auch andere Analysten haben zuletzt Kursziele zwischen 44 und 46 Euro ausgerufen. Sollte Infineon die Erwartungen im August erfüllen – oder gar übertreffen –, dürfte die Aktie das bisherige Jahreshoch bald hinter sich lassen.
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