17. Oktober, 2025

Immobilien

Immo Tommy und die Volksbank Konstanz – wenn Blender auf Biedermänner treffen

Ein Influencer, der Immobilien auf Instagram verkauft. Eine Bank, die lieber scrollt als prüft. Und Millionen, die jetzt fehlen. Die Affäre um „Immo Tommy“ ist kein Betrugsdrama – sie ist ein Lehrstück über Selbsttäuschung, Gier und den naiven Glauben, Likes ließen sich in Sicherheiten verwandeln.

Immo Tommy und die Volksbank Konstanz – wenn Blender auf Biedermänner treffen
Influencer Tomislav „Immo Tommy“ Primorac – mehr Follower als Fachwissen, mehr Schein als Sein.

Wenn Vertrauen teuer wird

Es klingt wie ein schlechter Witz aus der Abteilung „Finanzbildung für Anfänger“: Die Volksbank Konstanz vergab Kredite in Millionenhöhe für Immobilien, die niemand aus der Bank je gesehen hatte.

Die Terrassen? Laut Gutachten „in hervorragendem Zustand“. Tatsächlich spross dort Unkraut aus den Fugen. Aber wen stört’s, wenn der Makler-Influencer mit Sonnenbrille und Selfiestick den Wert schon bestätigt hat?

Im Zentrum des Schlamassels: Tomislav Primorac, besser bekannt als „Immo Tommy“ – der selbsternannte „größte Immo-Creator Europas“. Auf TikTok erklärt er Hunderttausenden, wie man mit Immobilien reich wird.

Offenbar hat er sich dabei an seiner eigenen Zielgruppe orientiert: an leichtgläubigen Anlegern – und, wie sich zeigt, auch an Banken.

Die Bank, die sich selbst reinlegte

Die Volksbank Konstanz will heute nichts davon gewusst haben. In der Öffentlichkeit inszeniert sie sich als Opfer eines „kriminellen Netzwerks“ aus dem Umfeld des Influencers. Dabei liest sich ihre Strafanzeige gegen Immo Tommy wie eine unfreiwillige Satire auf das eigene Risikomanagement.

Da wurden Kreditentscheidungen getroffen, ohne auch nur die Tür einer Immobilie zu öffnen. Bonitätsprüfungen bestanden aus PDFs, die jeder Praktikant mit Word hätte basteln können.

Ein angebliches Gehalt von 21.000 Schweizer Franken bei einem 26-jährigen Antragsteller? Kein Problem. In Konstanz gilt offenbar: Wer groß verdient, darf groß träumen – und groß leihen.

Die Kunst des Wegschauens

Laut interner Prüfung wurden rund 80 Kreditengagements mit einem Gesamtvolumen von mehr als 23 Millionen Euro auffällig. Und bei vielen dieser Geschäfte war Immo Tommy irgendwie im Spiel – als Vermittler, Tippgeber oder stiller Teilhaber.

“Immo-Tommy-Bank”: Aufsichtsrat erhebt Vorwürfe gegen Ex-Vorstand
Der Geschäftsbericht 2024 der frisch fusionierten Volksbank aus Konstanz offenbart eine gewaltige Schieflage im Kreditgeschäft. Der Aufsichtsrat beteuert, er habe von den Problemen nichts gewusst.

Die Bank zahlte teilweise über 200.000 Euro an den Influencer, ohne zu wissen, wofür. In einem Fall heißt es trocken im Revisionsbericht: „Eine vertragliche Grundlage für die Zahlung konnte nicht nachvollzogen werden.“

Man könnte meinen, das sei der Moment gewesen, in dem jemand aufwacht. Doch nein – in Konstanz herrschte das Prinzip Hoffnung. Ex-Vorständin Sabine Meister wollte Wachstum, koste es, was es wolle.

Ein interner Prokurist schrieb sogar, man müsse bei kleineren Krediten „gewisse Unschärfen und Ungenauigkeiten akzeptieren“. Eine bemerkenswerte Formulierung – besonders, wenn man bedenkt, dass diese „Ungenauigkeiten“ heute Millionen kosten.

Der Blender vom Bodensee

Immo Tommy selbst schweigt – wie immer, wenn’s unbequem wird. Auf Social Media posiert er weiter mit Luxuskarossen und Baustellenbesichtigungen, garniert mit Sprüchen über „finanzielle Freiheit“.

Volksbank Konstanz: Millionenverluste durch Immobilienkredite, die nie jemand gesehen hat.

Seine Reichweite ist beeindruckend: über eine Million Follower auf TikTok, Hunderttausende auf Instagram. Offenbar genügte das, um als seriöser Geschäftspartner durchzugehen.

Erfolg im Netz wurde von manchen Banken mit Kompetenz verwechselt – ein fataler Irrtum. Wer auf Instagram Immobilien verkauft, verkauft meist zuerst sich selbst. Und in diesem Fall scheint die Volksbank der Illusion erlegen zu sein, dass Reichweite Seriosität ersetzt.

Der Schaden bleibt, die Lehre auch

Heute steckt die Volksbank Konstanz tief in der Krise. Eigenständigkeit weg, Vertrauen verspielt, Fusion unvermeidlich. Doch die eigentliche Frage bleibt: Wie konnte ein mittelständisches Geldhaus zur Beute eines Influencers werden?

Die Antwort ist unbequem: Weil es bequem war. Weil man lieber Deals abschloss, statt Zahlen zu prüfen. Und weil in einer Welt, in der Selbstdarsteller Erfolg haben, manchmal selbst Banker glauben, sie müssten nur genug posten, um zu wachsen.

Hashtags statt Hausverstand

Die Volksbank Konstanz ist das perfekte Beispiel dafür, was passiert, wenn konservative Banken glauben, sie müssten modern wirken, indem sie den Falschen vertrauen. Immo Tommy mag der Blender sein – aber wer ihm Millionen überwies, ohne hinzusehen, hat den Spiegel längst selbst in der Hand.

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