Im Zentrum der aktuellen Spannungen im Libanon steht die kontroverse Debatte über die Entwaffnung der schiitischen Hisbollah-Miliz. Mohammed Raad, der Vorsitzende der Hisbollah-Fraktion im libanesischen Parlament, verurteilte die Regierungspläne zur Entwaffnung der Organisation in scharfen Worten. "Ein solcher Schritt käme einem Selbstmord gleich", warnte er in einem Interview mit dem Fernsehsender Al-Manar. Er hob hervor, dass die Waffen der Miliz seit über vier Jahrzehnten als Schutzschild des Libanons im andauernden Konflikt mit Israel gedient haben. In diesem Kontext bezeichnete Raad die Entscheidung der Regierung als äußerst gefährlich.
Der Vorstoß zur Entwaffnung der Hisbollah stützt sich auf einen Vorschlag der Vereinigten Staaten, der vorsieht, die Miliz bis zum Ende des Jahres zum Niederlegen ihrer Waffen zu bewegen. Dieses politisch heikle Unterfangen stellt die staatliche Armee vor erhebliche Herausforderungen in der Planung und Umsetzung. Jedoch hat die Hisbollah bereits unmissverständliche Forderungen geäußert: Eine Entwaffnung wäre nur denkbar, wenn Israel seine militärischen Angriffe einstellt und alle Truppen aus dem südlichen Libanon abzieht.
Mahmud Kmati, der Vizechef des politischen Rats der Hisbollah, übte ebenfalls scharfe Kritik an der Regierung und deren Zustimmung zu den Plänen der USA. Er bezeichnete diese Zustimmung als eine Form der Unterwerfung und äußerte starke Zweifel an der Umsetzbarkeit des Beschlusses. Seiner Meinung nach werde dieser letztendlich "in der Luft hängenbleiben" und keine realen Veränderungen herbeiführen.
Die angespannte Lage mündete auch in Protesten im gesamten Land. Hisbollah-Anhänger versammelten sich in Beirut sowie in anderen Regionen, um ihre Unzufriedenheit zu demonstrieren. Diese Versammlungen führten zu Festnahmen durch die Sicherheitskräfte, die entschlossen sind, Störungen wie Straßenblockaden oder Eigentumsdelikte konsequent zu unterbinden. Die libanesische Armee hat zudem eine Warnung vor unvorhersehbaren Konsequenzen im Falle weiterer Unruhen herausgegeben.
Eine zusätzliche Dimension der Krise ergab sich durch den seit Oktober 2023 anhaltenden Gaza-Konflikt, der wiederholte Zusammenstöße zwischen der Hisbollah und Israel provozierte. Diese eskalierten zeitweise zu einem eigenständigen Konflikt. Obwohl im November ein Waffenstillstand erzielt wurde, bleiben die Spannungen bestehen, da beide Parteien sich gegenseitig der Vertragsverletzungen beschuldigen.
Der Libanon steht vor vielfältigen Herausforderungen, die über das politische Umfeld hinausreichen. Das Land leidet an den langfristigen Auswirkungen vergangener Konflikte, einschließlich einer hohen Anzahl nicht explodierter Sprengkörper. In einem tragischen Vorfall nahe der Stadt Sidon kamen sechs Soldaten bei der Entschärfung solcher Überreste ums Leben. Diese sind Überbleibsel israelischer Luftangriffe und verdeutlichen die anhaltende Bedrohung für die zivile und militärische Sicherheit im Land.