Ein Raum, voll mit Enttäuschung
Berlin-Mitte, „Platz vor dem Neuen Tor“, 23. Juli: Der Pressesaal der Grünen-Bundesgeschäftsstelle ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Rund 75 Mitarbeitende sind gekommen, um eine Ankündigung der Parteiführung zu hören.
Co-Chef Felix Banaszak, Schatzmeisterin Manuela Rottmann und zugeschaltet aus dem Schwarzwald Co-Chefin Franziska Brantner haben schlechte Nachrichten: Zahlreiche befristete Verträge werden nicht verlängert. Statt 150 Beschäftigten werden ab 2026 nur noch rund 120 bleiben.
Unmut trifft auf Sparlogik
Parteien fahren ihre Apparate nach Wahlkämpfen traditionell zurück. Doch diesmal wiegt der Einschnitt schwerer. Nach den Wahlverlusten im Bund und bei der Europawahl fehlen Millionen an staatlicher Finanzierung – jede verlorene Stimme kostet bares Geld.

„Wir müssen sparen“, sagt Banaszak, doch in der Belegschaft stößt das auf wenig Verständnis. Manche werfen der Spitze Intransparenz vor, andere sprechen gar von „verlogenen“ Prozessen.
Falsche Erwartungen – hausgemachtes Problem
Laut internen Stimmen haben viele Befristete über Jahre im Wahlkampfbetrieb gearbeitet – und geglaubt, dies sei nun der Normalzustand. Verstärkt wurde dieser Eindruck, weil die Parteichefs nach der vorgezogenen Bundestagswahl keine klaren Signale gaben, dass Verträge auslaufen würden. Stattdessen war von einem „Prozess“ die Rede, was Hoffnungen nährte.
Finanzielle Prioritäten mit politischer Note
Trotz Spardruck kürzt die Bundespartei nicht bei den ostdeutschen Landesverbänden, auch wenn Thüringen und Brandenburg aus den Landtagen geflogen sind. Politisch will man Strukturen im Osten erhalten.
Das bedeutet aber: Der Gürtel muss in der Bundesgeschäftsstelle noch enger geschnallt werden – mit allen personellen Konsequenzen.
Schwelender Machtkampf
Die Unruhe fällt in eine Phase, in der die Grünen ihre Rolle in der Opposition suchen. Banaszak und Brantner stehen unter Beobachtung – nicht nur wegen der Personalpolitik, sondern auch, weil Rivalen aus Fraktion und Landesverbänden die Führung in Frage stellen.
Dass Brantner der Versammlung nur zugeschaltet war, nährt den Vorwurf mangelnder Nähe zur Parteizentrale.
Nebenwirkungen und offene Wunden
Seit der Ankündigung häufen sich Krankmeldungen – vor allem bei Betroffenen, deren Verträge noch bis Jahresende laufen.
Einige bemängeln, dass selbst in Abteilungen mit Stellenstreichungen neue Positionen ausgeschrieben werden. Bereiche wie die Datenanalyse bleiben, andere wie Umfeldanalysen werden gestrichen – für viele ohne nachvollziehbare Logik.
Führungsfrage ungelöst
Mit dem Abgang von Geschäftsführer Ferenc Földesi und der noch unbesetzten Nachfolge droht ein weiteres Vakuum. In dieser Gemengelage wirken die Personalentscheidungen wie ein Katalysator für tieferliegende Probleme: eine Partei im Übergang, ohne klare strategische Erneuerung – und mit einer Parteizentrale, in der das Vertrauen zwischen Führung und Belegschaft bröckelt.
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