Kaum eine Branche hat in den vergangenen Jahren derart zwischen Euphorie und Absturz geschwankt wie der Kryptomarkt. Nun hat er in den USA einen Meilenstein erreicht: Grayscale, einer der größten Vermögensverwalter im Digital-Asset-Bereich, bringt mit dem CoinDesk Crypto 5 ETF das erste börsengehandelte Produkt auf den Markt, das gleich mehrere führende Kryptowährungen bündelt.
Der Fonds wird unter dem Kürzel GDLC an der New York Stock Exchange (NYSE) gehandelt und fasst Bitcoin, Ethereum, Solana, XRP und Cardano zusammen – fünf digitale Währungen, die laut Grayscale über 90 Prozent der globalen Marktkapitalisierung ausmachen. Alle drei Monate wird die Gewichtung neu justiert, derzeit entfallen etwa 70 Prozent auf Bitcoin und 20 Prozent auf Ethereum.

Politischer Rückenwind aus Washington
Dass dieses Produkt überhaupt Realität wird, liegt nicht zuletzt an der Neuausrichtung der US-Börsenaufsicht SEC. Unter dem neuen Vorsitzenden Paul Atkins wurden mit dem „Project Crypto“ regulatorische Hürden abgebaut und die Zulassung von Krypto-ETFs erheblich vereinfacht.
Der politische Kontext ist unübersehbar: Präsident Donald Trump hat sich im Wahlkampf 2024 als „Pro-Bitcoin-Präsident“ inszeniert und versprochen, den Kryptomarkt zur strategischen Säule der US-Wirtschaft zu machen. Neben Steuererleichterungen für Miner steht sogar der Aufbau eines staatlichen Bitcoin-Reservespeichers auf seiner Agenda.
„Wir läuten das Zeitalter der Krypto-Index-Investitionen ein“, kommentierte Grayscale-CEO Peter Mintzberg gegenüber CNBC.
Für ihn ist klar: Mit einem regulierten Zugang für Privatanleger und institutionelle Investoren könnte die Branche einen Schritt aus der Nische in den Mainstream schaffen.
Signal an die Wall Street – und an Peking
Der Crypto 5 ETF ist mehr als nur ein neues Finanzprodukt. Er ist ein geopolitisches Signal. Trump will die USA zum weltweit führenden Standort für digitale Assets machen – in direkter Konkurrenz zu Hongkong, Singapur und zunehmend auch Europa, wo Krypto-Regulierung im Rahmen von MiCA Fahrt aufnimmt.

Institutionelle Investoren, die bislang wegen Verwahrungsrisiken und rechtlicher Unsicherheiten zögerten, erhalten nun einen regulierten, liquiden Zugang. Das könnte die Kapitalströme in den Kryptomarkt massiv verändern – und gleichzeitig klassische Anlageklassen wie Staatsanleihen oder Gold unter Druck setzen.
Risiken bleiben – auch im ETF-Mantel
Doch trotz Euphorie gilt: Auch ein ETF schützt nicht vor den Risiken der Kryptowelt. Wer den GDLC kauft, ist weiter von der Volatilität einzelner Coins abhängig – nur eben gebündelt. Dass 70 Prozent in Bitcoin fließen, macht das Produkt kaum weniger abhängig von der Kursentwicklung des digitalen „Ur-Geldes“.
Hinzu kommt das politische Risiko: Sollte ein künftiger Präsident die SEC wieder restriktiver ausrichten oder globale Regulatoren wie die EU strengere Regeln erzwingen, könnte das Krypto-Momentum schnell abebben.
Und noch etwas: Die Vergangenheit zeigt, dass jede Phase neuer Finanzinnovationen auch Spekulationsblasen hervorbringen kann. Die Parallelen zu den frühen Indexfonds der 1990er-Jahre liegen auf der Hand – nur dass Bitcoin & Co. ungleich volatiler sind.
Ein historischer Testlauf
Grayscale sichert sich mit dem ersten Multi-Asset-Krypto-ETF ohne Zweifel einen Platz in den Geschichtsbüchern der Wall Street. Doch ob der Crypto 5 ETF tatsächlich der Beginn einer neuen Anlage-Ära ist – oder nur das Vorspiel zur nächsten Blase – wird sich erst zeigen.
Eines ist jedoch klar: Die Zinswende in den USA, die Dollar-Schwäche und der politische Rückenwind aus Washington schaffen für Kryptowährungen so günstige Rahmenbedingungen wie selten zuvor. Anleger bekommen mit GDLC erstmals ein reguliertes Vehikel, um daran teilzuhaben.
Doch wer einsteigt, sollte sich bewusst sein: Der Schritt vom Nischenprodukt zum Mainstream macht Bitcoin & Co. nicht weniger riskant – er macht das Risiko nur handelbarer.
