Goldversteck Singapur
Wertvoll und gut versteckt: In Singapurs unterirdischen Tresoren lagern mittlerweile hunderte Tonnen Gold – verlagert aus Europa und Hongkong aus Sorge vor Regulierung und Zugriff.

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Goldversteck Singapur

Weltweit verlagern Superreiche ihre Goldbarren nach Singapur. Was steckt hinter dem Boom – und warum verliert die Schweiz an Vertrauen?

Wer wissen will, wo die Reichsten der Reichen ihre Schätze verstecken, muss nach Südostasien blicken. Nicht mehr Zürich, nicht mehr London – Singapur heißt das neue Mekka für physisches Gold.

In den Hochsicherheits-Tresoren des Stadtstaats stapeln sich inzwischen Tonnen des Edelmetalls, diskret eingeliefert von Family Offices, Private Banks und vermögenden Einzelpersonen.

Der Trend ist unübersehbar: Immer mehr Superreiche verlagern ihre Reserven aus traditionellen Finanzzentren wie der Schweiz oder Hongkong – und setzen auf die politische Stabilität, Neutralität und steuerliche Attraktivität des südostasiatischen Inselstaats.

Vertrauen in Europa bröckelt – Singapur profitiert

Die Gründe für diesen Exodus sind vielfältig – aber kaum überraschend. In Europa mehren sich die Debatten über Sonderabgaben auf große Vermögen, etwa in Deutschland und Frankreich.

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In der Schweiz sorgt der wachsende Druck auf das Bankgeheimnis und die zunehmende internationale Kooperation in Steuerfragen für Unruhe. Gleichzeitig verliert Hongkong als traditioneller Gold-Hub dramatisch an Vertrauen.

Die Einführung des chinesischen Sicherheitsgesetzes 2020 hat viele westliche Anleger vertrieben – aus Sorge, dass ihre Vermögenswerte unter politischen Zugriff geraten könnten.

„Singapur ist für viele Investoren heute das, was die Schweiz vor zwanzig Jahren war“, sagt ein Vermögensverwalter aus London, der für mehrere asiatische Kunden agiert.

„Ein neutraler Ort, mit einer klaren Rechtsordnung, hoher Diskretion und vor allem steuerlicher Berechenbarkeit.“

In Singapur wird weder Mehrwertsteuer auf Anlagegold erhoben noch fallen Kapitalertragssteuern auf dessen Verkauf an. Für große Vermögen ist das ein entscheidender Standortvorteil.

Gold bleibt Krisenwährung – mit neuem Lagerort

Was in den Tresoren Singapurs liegt, ist kein Spekulationsobjekt. Es sind zumeist physische Goldbarren, keine Derivate, keine Zertifikate. „Das ist strategisches Gold – Reservegold“, sagt ein Mitarbeiter von BullionStar, einem auf Lagerung spezialisierten Edelmetallunternehmen.

In ihren unterirdischen Depots setzt das Unternehmen auf modernste Sicherheitsvorkehrungen: biometrische Zutrittssysteme, redundante Alarmketten, gespiegelte Datensicherungen in Echtzeit.

Es geht hier nicht um Rendite, sondern um Absicherung: gegen Bankenkrisen, gegen geopolitische Schocks, gegen mögliche Enteignungen.

Das Muster ist deutlich: Die Kapitalelite bereitet sich auf eine unruhigere Welt vor – und lagert ihr Gold dorthin, wo es weder politische Umverteilungspläne noch aufkommende Regulierungswut gibt.

Family Offices – das stille Rückgrat des Booms

Ein weiterer Baustein des Gold-Booms in Singapur: die rasant wachsende Zahl sogenannter Family Offices. Noch 2020 zählte man rund 400 davon im Stadtstaat – vier Jahre später sind es über 1.600.

Diese Einheiten verwalten jeweils oft Hunderte Millionen US-Dollar, teilweise auch Milliarden. Sie sind diskret, international vernetzt – und in Singapur willkommen.

Der Stadtstaat hat ein Investorenprogramm aufgelegt, das finanzstarken Familien nicht nur den Wohnsitzwechsel erleichtert, sondern ihnen auch bevorzugten Zugang zu den hiesigen Finanz- und Verwaltungskapazitäten bietet.

Das zieht – nicht zuletzt, weil Singapur sich geopolitisch neutral verhält, wirtschaftlich stabil aufgestellt ist und zugleich einen strengen, aber effizienten Regulierungsrahmen bietet.

Die Schattenseiten der Diskretion

So vorteilhaft Singapur für Vermögende ist – der Boom ruft auch Kritiker auf den Plan. In den vergangenen Jahren sind mehrere Fälle von Geldwäsche über Edelmetalltransaktionen bekannt geworden.

Der Ruf der völligen Diskretion lockt eben nicht nur legale Vermögensverwalter, sondern auch zwielichtige Akteure an. Die Regierung hat darauf mit schärferen Kontrollmechanismen reagiert – und betont immer wieder, dass der Standort zwar investorenfreundlich, aber keineswegs ein rechtsfreier Raum sei.

Und doch stellt sich eine Grundsatzfrage: Wenn die globale Vermögenselite ihre Rücklagen zunehmend in asiatische Steueroasen verlagert – was bedeutet das langfristig für die Finanzsysteme im Westen? Was passiert mit dem gesellschaftlichen Zusammenhalt, wenn immer mehr Kapital den demokratisch legitimierten Zugriff entzieht?

Ein Standort im Aufstieg – und ein Warnsignal

Singapur wird weiter wachsen – auch als Lagerplatz für Edelmetalle. Doch die Entwicklung zeigt auch: Das Vertrauen in die Rechtssicherheit und Fairness der westlichen Systeme bröckelt – und Kapital flieht dorthin, wo es ungestört ruhen kann.

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