25. Oktober, 2025

Märkte

Goldpreis auf Rekordhoch – warum diesmal mehr Gier als Angst im Spiel ist

Der Goldpreis erreicht ein Allzeithoch. Während viele Anleger von einer Flucht in Sicherheit sprechen, zeigt die Analyse: Es sind nicht Ängste, sondern spekulative Kapitalströme, die das Edelmetall auf Rekordniveau treiben.

Goldpreis auf Rekordhoch – warum diesmal mehr Gier als Angst im Spiel ist
Goldrausch ohne Krise: Der Preis steigt auf Rekordhöhe – doch die Finanzmärkte zeigen keine Angst, sondern Spekulationsfreude.

Ein Rekord, der trügt

2.500 US-Dollar pro Feinunze – so hoch stand der Goldpreis zuletzt. Ein historischer Höchststand, der die Schlagzeilen beherrscht und bei Privatanlegern die alte Goldgier entfacht. Doch wer glaubt, der Markt preise hier die Angst vor Krisen oder den Kollaps des Finanzsystems ein, irrt.

Denn die Finanzmärkte zeigen keinerlei Panikzeichen: Aktienmärkte notieren auf hohem Niveau, die Volatilität ist niedrig, die Risikoaufschläge auf Unternehmensanleihen bleiben minimal. Es herrscht also keineswegs Weltuntergangsstimmung – vielmehr eine spekulative Euphorie, die durch geopolitische Spannungen nur befeuert wird.

Zentralbanken als Haupttreiber

Der entscheidende Faktor für den Anstieg liegt bei den Zentralbanken des globalen Südens. Seit dem Einfrieren russischer Devisenreserven im Zuge des Ukraine-Kriegs hat sich ein geopolitischer Reflex gebildet: Raus aus dem Dollar, rein ins Gold.

China, Indien, Brasilien, Südafrika – und viele weitere Staaten der sogenannten BRICS-Gruppe – bauen ihre Goldreserven massiv aus. Allein 2024 kauften die Notenbanken dieser Länder so viel Gold wie seit den 1960er Jahren nicht mehr. Der Grund: Misstrauen gegenüber dem westlich dominierten Finanzsystem. Der US-Dollar, jahrzehntelang unangefochtene Weltreservewährung, verliert an Vertrauen.

Doch das Motiv ist weniger sicherheitspolitisch als machtpolitisch. Mit dem Goldaufkauf will man geopolitische Unabhängigkeit demonstrieren – und genau das treibt den Preis.

Die neue Welle privater Spekulation

Wie immer, wenn eine Anlageklasse Schlagzeilen macht, folgen Privatanleger. Der Goldrausch greift längst über die Grenzen institutioneller Käufe hinaus. Kleinanleger, angetrieben von Social Media, investieren in Gold-ETFs, Münzen und Barren. Viele aus Angst, etwas zu verpassen – nicht aus Angst vor Inflation.

Der Mechanismus ist bekannt: Je höher der Preis steigt, desto stärker wirkt der Herdentrieb. Händler berichten von überfüllten Online-Shops, Banken von steigender Nachfrage nach Goldzertifikaten. Das erinnert an 2011, als die Schuldenkrise in Europa eine ähnliche Welle auslöste – die kurz darauf in einem massiven Preisrückgang endete.

Geopolitik als Katalysator

Der Auslöser des aktuellen Booms bleibt der Krieg in der Ukraine – und die Angst vieler Schwellenländer, ebenfalls Ziel westlicher Sanktionen zu werden. Dass Russland über Nacht den Zugang zu einem Großteil seiner Devisenreserven verlor, war ein Schock.

Seither gilt Gold als die einzige „sanktionensichere“ Reserve. Keine digitale Spur, keine Kontrolle durch das westliche Finanzsystem. Diese politische Logik, kombiniert mit der knappen physischen Verfügbarkeit des Metalls, treibt den Preis stärker als jede wirtschaftliche Sorge.

Allerdings: Sollte es zu einer Entspannung im Ukraine-Konflikt oder einer geopolitischen Annäherung zwischen den Machtblöcken kommen, könnte sich der Trend umkehren. Denn die spekulativen Käufe sind fragil – und Goldmärkte reagieren empfindlich auf Stimmungswechsel.

Deutschland: Wirtschaft im Gegenwind, Anleger auf Goldsuche

Während Gold glänzt, verliert die deutsche Industrie an Strahlkraft. Autohersteller kämpfen mit technologischen Rückständen, der Maschinenbau mit chinesischer Konkurrenz, energieintensive Branchen mit hohen Kosten. In der Folge schrumpft ihr Gewicht im Dax – die einstigen Exportchampions verlieren Börsenwert.

Für viele deutsche Anleger ist Gold deshalb eine emotionale Zuflucht. Doch ökonomisch ist die Lage paradox: Die deutsche Wirtschaft stagniert, aber das treibt den Goldpreis nicht – es sind globale Machtverschiebungen. Wer Gold kauft, sollte sich bewusst sein: Er wettet nicht gegen Inflation, sondern auf das geopolitische Misstrauen der Welt gegenüber dem Westen.

Das Fazit: Spekulation in goldener Verpackung

Gold ist kein Krisenbarometer mehr, sondern ein geopolitischer Stimmungsindikator. Der aktuelle Preis spiegelt weniger Angst vor Rezession oder Finanzcrash wider als das Streben vieler Staaten nach Unabhängigkeit – und den Wunsch vieler Anleger nach schnellen Gewinnen.

Wie lange das gutgeht, bleibt offen. Die Geschichte des Goldes lehrt: Wo Gier dominiert, folgt oft Ernüchterung. Und die könnte diesmal schneller kommen, als viele glauben.

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