07. August, 2025

Wirtschaft

Goldbären, BMWs und Glasfasertarife – Wer vom neuen Zoll-Deal mit den USA profitiert

Ab heute gilt das neue Zollabkommen zwischen EU und USA. Während viele deutsche Hersteller zittern, gehen andere gestärkt aus dem transatlantischen Tauziehen hervor. Die ersten Gewinner stehen fest – und sie kommen nicht nur aus der Autoindustrie.

Goldbären, BMWs und Glasfasertarife – Wer vom neuen Zoll-Deal mit den USA profitiert
Der neue EU-USA-Deal zeigt: Wer lokal produziert, sichert sich Wettbewerbsvorteile. Für Unternehmen ohne US-Fertigung könnten die 15 % Einfuhrzoll schnell zur Belastung werden.

Haribo: Fruchtgummi als geopolitische Waffe

Wenn ein Gummibärchen im US-Zollstreit eine strategische Rolle spielt, dann ist es wohl rot. Haribo hat sein neues Werk im US-Bundesstaat Wisconsin gerade rechtzeitig eröffnet. Auf 46.000 Quadratmetern entstehen dort nicht nur lokal angepasste Mischungen für den amerikanischen Geschmack – sondern vor allem Zollfreiheit.

Denn seit heute gilt: Wer vor Ort produziert, spart. Der neue Basiszollsatz von 15 Prozent auf europäische Lebensmittel trifft Hersteller wie Bahlsen, Lambertz oder Niederegger – Haribo dagegen kann dank seiner US-Fabrik unbeschwert expandieren. Während andere noch liefern, ist Haribo längst angekommen.

BMW: Bayerischer Pragmatismus in amerikanischer Ausführung

Auch in München wird man heute aufmerksam den Kalender studiert haben. Denn der Zoll-Deal bringt vor allem einem Autobauer Vorteile: BMW. Der Konzern exportiert nicht nur Fahrzeuge aus Deutschland in die USA, sondern schickt auch eine beachtliche Zahl amerikanischer BMWs zurück nach Europa – gefertigt im Werk Spartanburg, South Carolina.

Der neue Deal sieht vor: Die EU verzichtet auf ihren 10-Prozent-Einfuhrzoll für US-Autos – eine Steilvorlage für BMW-Chef Oliver Zipse, der seine globale Werksstrategie nun doppelt belohnt sieht. Während Mercedes über neue Audi-Werke in den USA nachdenkt, fährt BMW längst Zoll-Schlangenlinien – legal und effizient.

BMWs US-Werk in Spartanburg wird zum Zolljoker. Die Münchner exportieren ebenso viele Fahrzeuge aus den USA nach Europa wie umgekehrt – und umgehen damit effektiv die meisten Handelsbarrieren.

Siemens: Global denken, lokal fertigen

Während viele Konzerne noch über Strafzölle klagen, zieht Siemens unbeeindruckt seine Linie durch. Der Industriekonzern produziert bereits heute rund 80 Prozent seiner US-Wertschöpfung direkt vor Ort – ein strategischer Vorteil, der sich nun auch auf dem Börsenkurs niederschlägt.

40 Prozent Plus binnen eines Jahres – das spricht eine klare Sprache. Doch auch Siemens ist nicht immun gegen die Nebenwirkungen der Zölle: Industriekunden könnten sich mit Aufträgen zurückhalten, alte Verträge ohne Preisanpassungsklausel drücken die Marge. Dennoch: Wer frühzeitig in lokale Strukturen investiert hat, steht jetzt stabiler als die Konkurrenz.

T-Mobile US: Telekoms Goldesel bleibt unangetastet

Während deutsche Exportfirmen Zollerhöhungen fürchten, sieht man bei der Telekom wenig Anlass zur Sorge. Der Grund: T-Mobile US, die amerikanische Tochter des Bonner Konzerns, erwirtschaftet inzwischen zwei Drittel des operativen Gewinns – und produziert, verkauft und betreibt alles lokal.

Keine Zollbelastung, keine Abhängigkeit vom Warenverkehr – und ein Geschäftsmodell, das selbst bei steigenden Hardware-Preisen profitabel bleibt. Zwar könnten Antennen von Ericsson und Nokia durch neue Zölle verteuert werden, doch beide Hersteller fertigen ebenfalls in den USA. Für Telekom-Chef Höttges ein fast schon lehrbuchreifes Beispiel für erfolgreiche internationale Expansion.


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Continental: Auslagern, um Steuern zu sparen

Auch der Reifenhersteller Continental zählt zu den Unternehmen, die den politischen Wind spüren – und pragmatisch handeln. Seit Juni verlagert der Konzern die Produktion seiner teureren Modelle verstärkt in die USA, um der Zollbelastung zu entgehen. Ergebnis: Die Mehrkosten bleiben überschaubar.

Finanzchef Olaf Schick gibt sich gelassen. Neue Werke in den USA? Fehlanzeige. Dafür steuert Continental mit besserer Auslastung bestehender US-Standorte gegen. Dass die Kunden höhere Preise zahlen müssen, wird einkalkuliert. Flexibilität schlägt Investitionsromantik – zumindest kurzfristig.

Verlierer? Noch viele Unbekannte

Nicht alle können sich so vorteilhaft positionieren. Für Lebensmittelmarken ohne eigene US-Produktion, kleinere Autozulieferer oder Mittelständler mit begrenzter Internationalisierung drohen höhere Hürden im Export. Und selbst für Konzerne mit USA-Fokus bleiben Risiken – denn das Abkommen ist weder endgültig ausformuliert noch rechtlich festgezurrt.

Zudem laufen in Washington bereits neue Lobbykampagnen – vor allem aus der US-Autoindustrie, die sich durch den Deal benachteiligt sieht. Ford etwa fordert schon jetzt schärfere Regeln, um europäische Marken wie BMW oder Mercedes stärker in die Pflicht zu nehmen. Ob Trump diesem Druck nachgibt, ist offen – aber nicht unwahrscheinlich.

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