14. Juni, 2025

Wirtschaft

Gold schiebt den Euro vom Thron — Der stille Machtwechsel in den Tresoren der Welt

Zentralbanken rüsten bei Gold massiv auf. Das Edelmetall verdrängt den Euro als zweitgrößte Reservewährung und signalisiert tiefes Misstrauen gegenüber dem westlichen Finanzsystem.

Gold schiebt den Euro vom Thron — Der stille Machtwechsel in den Tresoren der Welt
Goldreserven auf Rekordniveau: Zentralbanken kaufen seit 2022 jährlich über 1.000 Tonnen – ein Volumen, das zuletzt in den 1970ern erreicht wurde.

Der Aufstieg des Goldes ist leise, aber unübersehbar: In den Tresoren der Notenbanken hat das Edelmetall mittlerweile den Euro überholt.

Mit einem Anteil von 20 Prozent an den weltweiten Devisenreserven hat sich Gold still zur zweitwichtigsten globalen Reserveposition hinter dem Dollar geschoben. Der Euro fällt auf 16 Prozent zurück. Es ist ein Schwenk, der weit mehr bedeutet als bloßes Zahlenwerk.

Eine Renaissance getrieben von geopolitischem Misstrauen

Angetrieben wird diese Verschiebung von gleich mehreren tektonischen Kräften. Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine 2022 haben westliche Staaten nie dagewesene Finanzsanktionen verhängt — eingefrorene Devisenreserven inklusive.

Für viele Zentralbanken außerhalb des klassischen Westens war das ein Weckruf: Staatsreserven im Dollar- oder Euro-Raum sind eben doch nicht unantastbar. Gold hingegen kennt keine Sanktionen.

„Die Nachfrage nach Gold für Währungsreserven ist nach dem umfassenden Einmarsch Russlands in die Ukraine stark angestiegen und bleibt hoch“, heißt es nüchtern im aktuellen Bericht der EZB.

Übersetzt: Wer sich nicht auf Gnade und Ungnade der USA oder EU verlassen will, kauft lieber Gold.

1.000 Tonnen pro Jahr — Staatsbanken kaufen wie seit den 1970ern nicht mehr

Die Zahlen sprechen für sich: Über 1.000 Tonnen Gold haben Zentralbanken in den letzten drei Jahren jährlich erworben – doppelt so viel wie noch vor 2022. In Summe sind die staatlichen Goldbestände inzwischen wieder auf dem Niveau der späten 1970er Jahre angekommen. Der Goldpreis folgte prompt: Seit Ende 2022 hat sich der Preis in etwa verdoppelt.

Und die Käufer kommen nicht nur aus den üblichen Verdächtigen: Neben China, Indien, Russland und der Türkei haben zuletzt auch Staaten in Afrika, dem Nahen Osten und Asien ihre Goldpositionen substanziell ausgeweitet.

Die Motive reichen von politischer Unabhängigkeit über Inflationsabsicherung bis hin zur schlichten Furcht vor dem US-Sanktionsapparat.

Sanktionen als Treiber: Nach dem Einfrieren russischer Devisenreserven wächst in vielen Staaten die Angst vor westlicher Finanzkontrolle – Gold wird zur geopolitischen Versicherung.

Der Dollar bleibt dominant — noch

Trotz des Siegeszuges von Gold bleibt der US-Dollar mit einem Anteil von 46 Prozent die unangefochtene Nummer eins in den weltweiten Devisenreserven. Doch selbst der Greenback zeigt Erosionstendenzen: Noch vor zwanzig Jahren lag sein Anteil jenseits der 60-Prozent-Marke.

Das Wechselspiel zwischen Gold und Dollar folgt seit jeher einer sensiblen Balance: Höhere Realzinsen machen Gold als zinsloses Asset weniger attraktiv — doch auch diese Logik greift seit 2022 nur noch eingeschränkt.

Trotz steigender Zinsen griffen Zentralbanken beherzt zu. Im aktuellen Umfeld zählt nicht mehr allein die Rendite, sondern zunehmend politische Sicherheit.

Gold als Rückversicherung gegen das westliche Finanzsystem

Besonders ausgeprägt zeigt sich diese Entwicklung in Staaten, die politisch näher an China und Russland stehen. Hier stieg der Goldanteil an den offiziellen Devisenreserven seit Ende 2021 deutlich an.

Die EZB-Ökonomen sprechen von einer „geopolitisch getriebenen Umschichtung“ – eine höfliche Umschreibung für die wachsende Skepsis gegenüber westlicher Finanzhoheit.

Die Debatte um die sogenannten "Kollateralschäden" der Finanzsanktionen zeigt Wirkung: Was als Instrument zur politischen Isolation Russlands begann, treibt nun Schwellenländer dazu, ihre Reservestrategien neu zu justieren. Gold wird zum ultimativen Versicherungsprodukt gegen politische Willkür.

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