Ein letztes Urteil für eine Familie, die sich selbst zu lange als unantastbar verstand. Die Schlecker-Saga, die einst mit 6 Milliarden Euro Umsatz begann und in einem Justizskandal mündete, findet 13 Jahre nach der Pleite ihr juristisches Ende – mit einem stillen Vergleich vor dem Oberlandesgericht Dresden.
Die einstige Drogeriekette ist längst Geschichte. Doch der letzte juristische Schatten hat sich erst jetzt gelegt: 800.000 Euro Geldstrafe – das ist der Preis, den Christa Schlecker (77) und ihre Kinder Lars (53) und Meike (51) nun für das bezahlen, was das Gericht als gezielte Vermögensverschiebung wertete.
Meniar – Tarnfirma statt Rettungsanker
Im Zentrum des Falls: die Leiharbeitsfirma „Meniar“, deren Name zynisch für „Menschen in Arbeit“ stand. Für Schlecker diente sie vor allem dazu, Personal billiger zurückzuholen, das zuvor gekündigt worden war – zu Dumpinglöhnen von unter 7 Euro die Stunde.
Nach außen eine Maßnahme der Restrukturierung, in der Praxis ein perfides Sparmodell auf Kosten ehemaliger Angestellter.
Doch es ging um mehr als nur Lohndumping: Meniar soll rund 1,3 Millionen Euro an das bereits taumelnde Schlecker-Imperium „verliehen“ haben – ein Manöver, das das Landgericht Zwickau 2023 als gezieltes „Geldabsaugen“ bewertete. In erster Instanz lautete das Urteil: 1,35 Millionen Euro Rückzahlung plus Zinsen.

Dresden kürzt – aber spricht dennoch Klartext
Die Berufung der Familie vor dem Oberlandesgericht Dresden brachte ihnen einen Vergleich: 800.000 Euro statt 1,35 Millionen. Ein juristischer Teilerfolg, aber kein Freispruch. Der Richterspruch ließ durchblicken, dass das Vorgehen zwar nicht vollständig nachgewiesen, aber moralisch höchst zweifelhaft war.
Die Schleckers argumentierten, das Darlehen sei auf Anton Schlecker persönlich gelaufen, nicht auf die Familie. Zudem sei ein Teil des Geldes längst zurückgeführt worden. Dennoch: Das Gericht sah in der Konstruktion einen Versuch, Gläubiger zu umgehen.
Skandal mit vielen Gesichtern
Die Geschichte Schlecker ist die Geschichte eines systematisch zerlegten Familienunternehmens – mit bekannten Gesichtern, Schuldsprüchen und Skandalen. Bereits 2017 wurden Lars und Meike Schlecker wegen Untreue und Bankrott verurteilt – zu zweieinhalb Jahren Haft. Anton Schlecker, der Patriarch, erhielt eine Bewährungsstrafe.
Dass nun auch die zivilrechtliche Aufarbeitung abgeschlossen ist, markiert das letzte Kapitel in einer der bekanntesten Pleiten der deutschen Nachkriegsgeschichte. 25.000 Mitarbeitende verloren damals ihre Jobs – viele davon per Aushang, ohne persönliches Gespräch.
„Es ist nichts mehr da“ – wirklich?
Besonders bitter: Noch 2012 erklärte Meike Schlecker medienwirksam: „Es ist nichts mehr da.“ Nun stellt sich erneut die Frage: Wie viel Wahrheit steckt in solchen Aussagen, wenn 13 Jahre später ein Gericht 800.000 Euro als vergleichsweise milden Ausgleich taxiert?
Ob die Summe aus verbliebenen Rücklagen, Familienstiftungen oder anderen Quellen stammt, bleibt offen. Doch es wirft ein grelles Licht auf die Konstruktionen, mit denen Vermögen geschützt wird – selbst dann, wenn der Rest in Trümmern liegt.
Ein Nachruf auf die Verantwortung
Der Fall Schlecker steht nicht nur für eine unternehmerische Implosion, sondern auch für die Frage, was man Gläubigern und der Gesellschaft schuldet, wenn das Kartenhaus zusammenbricht. Die Justiz hat geurteilt, die Familie zahlt.
Aber der Imageschaden bleibt – ein Mahnmal für Selbstbedienung in der Krise und ein Paradebeispiel dafür, dass unternehmerisches Scheitern nicht zwangsläufig mit Einsicht einhergeht.
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