Keine Zeit für Sport? Dieses Argument verliert an Gewicht. Denn ein internationales Forscherteam hat herausgefunden, dass selbst wenige Minuten Bewegung am Tag genügen, um das Herz-Kreislauf-System messbar zu stärken.
Die sogenannten „Bewegungssnacks“ – kurze, intensive Aktivitätseinheiten von höchstens fünf Minuten – zeigen, dass Fitness keine Frage von Stundenplänen oder Fitnessstudios ist, sondern von konsequenter Gewohnheit.
Treppen statt Treadmill
Die Idee klingt banal, hat aber wissenschaftliche Substanz: Statt langer Trainingseinheiten genügen zwei bis drei kurze Phasen pro Tag, in denen der Puls deutlich ansteigt.
Das kann Treppensteigen, zügiges Gehen, Kniebeugen oder sogar Tai-Chi sein. Entscheidend ist die Regelmäßigkeit – und dass die kurzen Intervalle ohne Pause oder Aufwärmen erfolgen.
Die Erkenntnisse stammen aus einer Meta-Analyse von elf Studien mit insgesamt 414 Teilnehmern, überwiegend Frauen. Untersucht wurden Erwachsene, die zuvor kaum körperlich aktiv waren. Das Ergebnis: Die Ausdauer und Herz-Kreislauf-Fitness verbesserten sich signifikant, teils schon nach wenigen Wochen.
Gesundheit in Etappen
Der Begriff „Bewegungssnack“ stammt von Forschern der Universität Oviedo in Spanien. Sie analysierten Trainingsprogramme, die sich über vier bis zwölf Wochen erstreckten. Entscheidend war nicht die Länge, sondern die Kontinuität: Wer täglich kurz aktiv blieb, erzielte langfristig stabile Effekte.
Bemerkenswert: Die Teilnahmequote lag bei rund 83 Prozent – deutlich höher als bei klassischen Fitnessprogrammen. Offenbar fällt es Menschen leichter, sich auf kleine Bewegungseinheiten einzulassen als auf zeitintensive Routinen.
Kein Ersatz für Krafttraining
Wer allerdings hofft, mit fünf Minuten Kniebeugen täglich Muskelberge aufzubauen, wird enttäuscht.
Die Forscher fanden keine signifikanten Verbesserungen bei Muskelkraft oder Blutwerten. Die kurzen Einheiten fördern in erster Linie Herz und Kreislauf, nicht aber die Körperkomposition.

Auch bleibt die Aussagekraft der Studie begrenzt: Die untersuchten Arbeiten unterscheiden sich teils stark in Design und Methodik. Ein einheitlicher Standard fehlt. Trotzdem ist der Trend eindeutig – kurze Aktivität wirkt besser als gar keine.
WHO-Empfehlungen bleiben hoch – aber die Hürde sinkt
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Erwachsenen weiterhin mindestens 300 Minuten moderate Bewegung oder 75 bis 100 Minuten intensive Aktivität pro Woche.
Doch das schaffen nur wenige: Ein Drittel der Erwachsenen und rund 80 Prozent der Jugendlichen weltweit verfehlen diese Marke.
Die neuen Erkenntnisse könnten das ändern. Kleine, in den Alltag integrierte Bewegungseinheiten senken die Schwelle – etwa beim Treppensteigen, beim Warten auf den Kaffee oder beim Spaziergang um den Block.
Fünf Minuten gegen die Trägheit
Die Stärke der Studie liegt weniger in ihrer wissenschaftlichen Präzision als in ihrer praktischen Botschaft: Bewegung muss nicht perfekt sein, sie muss passieren.
Ein paar Minuten mehr Schwung im Alltag könnten Millionen Menschen helfen, gesünder zu leben – ohne Fitnessstudio, ohne großen Aufwand, ohne Ausreden.
Vielleicht beginnt die Zukunft der Prävention nicht mit einem Marathon, sondern mit einem kurzen Sprint zur nächsten Treppe.
