Die Europäische Zentralbank (EZB) hat zum achten Mal seit Juni 2024 die Leitzinsen für den Euroraum gesenkt, was im wirtschaftlichen Umfeld von bemerkenswerter Bedeutung ist. Diese Maßnahme signalisiert Unternehmen baldige Chancen auf günstigere Kredite, welche die wirtschaftliche Dynamik des Euroraums möglicherweise beleben könnten. Währenddessen müssen Sparer mit einer Abnahme der Zinssätze für Tages- und Festgelder rechnen, was ihre Erträge mindern könnte. Der Einlagenzins wurde um 0,25 Prozentpunkte auf 2,0 Prozent gesenkt, wodurch dieser seit den begonnenen Zinssenkungen im vergangenen Sommer auf die Hälfte reduziert wurde. Zusätzlich wurde der Refinanzierungssatz für Geschäftsbanken bei der Notenbank von 2,4 Prozent auf 2,15 Prozent gesenkt.
Die EZB hat bisher keine klaren Hinweise auf weitere Zinssenkungen gegeben, da die wirtschaftliche Lage in der Eurozone durch eine "außergewöhnlich hohe Unsicherheit" geprägt ist. Beobachter und Experten hatten diese Zinssenkung allerdings erwartet. Ein Rückgang der Inflation in der Eurozone und die Belastungen durch den Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten unter Präsident Donald Trump werden als Schlüsselfaktoren betrachtet, die diese Entscheidung beeinflusst haben könnten. Der EZB-Vizepräsident Luis de Guindos unterstrich die Auswirkungen von Unsicherheiten auf die Investitionsbereitschaft und das Vertrauen in die Wirtschaft. Zudem besteht die Gefahr, dass chinesische Exporte nach Europa umgeleitet werden, sollte es zu höheren Handelsschranken der USA kommen, was zu weiteren Herausforderungen für die Wirtschaft führen könnte.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde hob ebenfalls die signifikanten Risiken hervor, die durch die veränderte globale Ordnung und die Verschiebung von multilateraler zu bilateraler Zusammenarbeit entstanden sind. Obwohl Lagarde Präsident Trump nicht direkt ansprach, deutete sie auf die wachsenden geopolitischen Spannungen hin. Sie sieht zugleich potenzielle Chancen für den Euro, eine stärkere Rolle auf internationaler Bühne einzunehmen. Die EZB verfolgt das Ziel, die Inflationsrate mittelfristig auf 2,0 Prozent zu stabilisieren. Trotz gesunkener Inflation im Mai, die vom statistischen Amt Eurostat auf 1,9 Prozent geschätzt wurde, bleibt die Zielmarke von 2,0 Prozent bestehen.
Obgleich die jüngsten Beschlüsse eine Fortsetzung der expansiven Geldpolitik darstellen, spekulieren einige Experten darauf, dass dies vorläufig die letzte Zinssenkung sein könnte. Der griechische Zentralbankchef Yannis Stournaras signalisiert Offenheit für eine mögliche Pause in der aktuellen Geldpolitik. Auch EZB-Direktorin Isabel Schnabel und Bundesbank-Präsident Joachim Nagel raten zur Vorsicht, um die Geldpolitik angesichts der anhaltenden Unsicherheiten umsichtig zu navigieren. Diese Stimmen innerhalb der EZB deuten darauf hin, dass die Entscheidung, die Geldpolitik zu lockern, sorgfältig abgewogen werden muss, um die wirtschaftliche Stabilität nicht zu gefährden.