10. Juli, 2025

Global

Exportdelle mit Ansage – Wie der US-Markt für deutsche Firmen zum Risiko wird

Die Ausfuhren in die Vereinigten Staaten brechen ein. Der wichtigste Absatzmarkt schwächelt – nicht nur wegen der Konjunktur, sondern wegen politischer Unsicherheit.

Exportdelle mit Ansage – Wie der US-Markt für deutsche Firmen zum Risiko wird
Wegen sinkender Nachfrage aus den USA und China stapeln sich deutsche Maschinen, Autos und Anlagen zunehmend in den Lagern. Die USA waren 2023 noch Deutschlands wichtigster Einzelmarkt mit einem Handelsvolumen von über 250 Mrd. €, doch das könnte sich bald ändern.

Der Rückgang ist deutlich – und kommt zur Unzeit

Deutschlands Exportwirtschaft verliert an Tempo – vor allem dort, wo es besonders wehtut: in den USA. Im Mai sanken die Ausfuhren über den Atlantik um satte 7,7 Prozent gegenüber dem Vormonat.

Nur 12,1 Milliarden Euro Warenwert – das ist der niedrigste Stand seit März 2022. Für ein Land, das sich selbst gerne als Exportweltmeister inszeniert, ist das mehr als eine Delle. Es ist ein Warnsignal.

Exporte im Mai 2025: -1,4 % zum April 2025
Im Mai 2025 sind die deutschen Exporte gegenüber April 2025 kalender- und saisonbereinigt um 1,4 % und die Importe um 3,8 % gesunken. Im Vergleich zum Vorjahresmonat Mai 2024 stiegen die Exporte um 0,4 % und die Importe um 4,2 %, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anhand vorläufiger Ergebnisse weiter mitteilt.

Zölle voraus: Unternehmen ziehen Lieferungen vor

Der Rückgang überrascht nur auf den ersten Blick. In Wahrheit ist er das Ergebnis eines taktischen Rückzugs. Viele deutsche Firmen haben im Frühjahr ihre Lieferungen in die USA bewusst vorgezogen – aus Angst vor neuen Strafzöllen.

Denn mit einem möglichen Präsidenten Trump im Rücken rechnen viele mit einem raueren transatlantischen Ton. Die Vorzieheffekte machen sich jetzt bemerkbar – die Nachfrage bricht ein.

Trump kündigt neue Zölle an – Europa schaut nervös zu

Dass die Nervosität berechtigt ist, zeigt ein Blick auf die jüngsten Entscheidungen aus Washington. Anfang Juli kündigte Trump 25 Prozent Strafzoll auf Importe aus Japan und Südkorea an – mit Start zum 1. August.

Europa blieb bisher verschont, aber das könnte sich schnell ändern. In Brüssel heißt es, man habe noch „keinen Brief erhalten“ – der Satz klingt beruhigend, ist aber keiner.

China produziert selbst, UK überrascht positiv

Auch in China läuft es nicht rund. Die deutschen Exporte in die Volksrepublik gingen im Mai um 2,8 Prozent zurück. Grund: China produziert inzwischen vieles selbst – von Maschinen bis zu Autos. Der Technologietransfer der vergangenen Jahre zeigt Wirkung – allerdings nicht zum Vorteil der deutschen Industrie.

Erfreulich dagegen das Vereinigte Königreich: Trotz Brexit und Bürokratie legten die Exporte um über 15 Prozent zu. 7,2 Milliarden Euro Warenwert im Mai – ein ordentlicher Sprung nach oben, auch wenn es langfristig kein Ersatz für den US-Markt ist.

Importe sinken ebenfalls – ein doppelter Dämpfer

Nicht nur die Ausfuhren machen Sorgen. Auch die Importe sanken im Mai – um 3,8 Prozent gegenüber dem Vormonat. Analysten hatten lediglich mit einem Rückgang von 0,9 Prozent gerechnet.

Die Zahlen deuten darauf hin, dass die deutsche Konjunktur derzeit in fast allen Bereichen an Kraft verliert. Weder Nachfrage aus dem Ausland noch der Binnenkonsum wirken aktuell wie ein Motor.

Exportstimmung kippt – keine Besserung in Sicht

Dass die Stimmung in der Exportwirtschaft sinkt, zeigt auch das aktuelle Ifo-Stimmungsbarometer. Im Juli lag der Wert bei minus 1,7 Punkten – nach minus 1,3 im Vormonat.

„Der Exportwirtschaft fehlt es gegenwärtig an Dynamik“, sagt Ifo-Experte Klaus Wohlrabe.

Es klingt trocken – und ist doch alarmierend.

Strategiewechsel wird unausweichlich

Der deutsche Außenhandel steht vor einer unangenehmen Wahrheit: Die alte Gewissheit, dass offene Märkte stabile Absatzmärkte garantieren, bröckelt. Politische Unsicherheiten, nationale Interessen und wirtschaftliche Eigenständigkeit in China und den USA zwingen deutsche Unternehmen zum Umdenken.

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