Ein Jahrhundertprojekt im Stillstand
2017 gestartet, sollte das „Future Combat Air System“ (FCAS) Europas Antwort auf die US-Dominanz in der Luftfahrt sein: ein Hightech-Verbund aus Kampfjets, Drohnen und einer digitalen Steuerungsplattform.
Doch statt Fortschritt herrscht Stillstand. Airbus Defence in Deutschland und Dassault in Frankreich streiten erbittert über Kompetenzen und Wertschöpfung. Zuletzt soll Dassault 80 Prozent der Anteile am Jet für sich beansprucht haben – eine Forderung, die in Berlin als Affront gilt.
Politisches Symbol – oder industriepolitischer Albtraum?
Bundeskanzler Friedrich Merz hat das Thema zur Chefsache erklärt: Europa brauche eine eigene Luftkampftechnologie, um nicht dauerhaft von den USA abhängig zu bleiben.
Doch aus Paris kommen kaum Signale der Kooperation. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron pocht auf französische Führungsrolle, während die politische Lähmung in Paris die Verhandlungen zusätzlich bremst.

In Berlin wächst daher die Angst, dass das Projekt an nationalem Machtstreben scheitert – und Europa in der Abhängigkeit von amerikanischen F-35 verharrt.
Konkurrenz schläft nicht: GCAP und Gripen als Alternativen
Während Airbus und Dassault streiten, positionieren sich andere. Großbritannien, Italien und Japan treiben das „Global Combat Air Programme“ (GCAP) voran – ein Konkurrenzprojekt, das bereits Partnerländer anzieht.
Auch eine Kooperation mit Saab steht im Raum: Der schwedische Gripen ist technisch konkurrenzfähig, eng mit deutscher Rüstungstechnik verknüpft und durch KI-Tests von Start-ups wie Helsing hochmodernisiert. Verteidigungsminister Boris Pistorius sondiert bereits die Optionen.

Milliarden, die weglaufen
Die Kosten für FCAS gehen in die zweistelligen Milliarden – mit unklarer Zukunft. Airbus-Betriebsräte warnen: Ohne klare Vereinbarungen droht Deutschland, Milliarden in ein Projekt zu stecken, das nie abhebt.
Zugleich kaufen immer mehr NATO-Staaten US-F-35, die längst marktreif sind. Jeder verlorene Monat macht das europäische Vorhaben teurer und weniger relevant.
Airbus vor einer Richtungsentscheidung
Neue Eurofighter-Aufträge aus Deutschland, Spanien und Italien verschaffen Airbus Defence zwar Luft, doch ohne Fortschritt bei FCAS steht die Rüstungssparte langfristig auf wackligen Beinen. Experten fordern einen Kurswechsel: lieber verlässliche Partner wie BAE oder Saab ins Boot holen, als am deutsch-französischen Dauerstreit festzuhalten.
Europas größtes Rüstungsprojekt droht, zum Symbol seiner eigenen Blockaden zu werden. FCAS sollte Europas technologische Souveränität sichern – doch bislang zeigt es vor allem, wie nationale Egoismen historische Chancen verspielen.
