Brüssel hat gesprochen. Bulgarien wird am 1. Januar 2026 den Euro einführen. Das ärmste Land der EU bekommt Zugang zur europäischen Gemeinschaftswährung. Zeitgleich leitet die EU-Kommission ein Defizitverfahren gegen Österreich ein.
Eine Entscheidung mit politischer und wirtschaftlicher Sprengkraft, denn sie zeigt: Europa bewertet nicht nach Pro-Kopf-Einkommen, sondern nach fiskalischer Disziplin.
Die Ironie von Sofia und Wien
Dass ausgerechnet Bulgarien, mit dem niedrigsten BIP pro Kopf in der Union, nun die Kriterien für den Euro erfüllt, während das wirtschaftlich deutlich stärkere Österreich unter Aufsicht gestellt wird, lässt aufhorchen.
Denn Bulgarien hatte seine Euro-Einführung bereits mehrfach verschoben. Erst hohe Inflation, dann politische Unsicherheit, bremsten den Kurs. Jetzt sieht Brüssel die Bedingungen als erfüllt: stabile Preise, solide Staatsfinanzen, kein übermäßiges Haushaltsdefizit.
In Österreich sieht das anders aus. Die Alpenrepublik verzeichnete 2024 ein Defizit von 4,7 Prozent – weit jenseits der erlaubten 3 Prozent. Die Wirtschaft schrumpft, die Regierung will Ausgaben um 54 Milliarden Euro senken. Brüssel schaltet nun in den Modus der Sanktion.
Euro als politisches Symbol
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nennt den Euro ein "greifbares Symbol europäischer Einheit". Doch wirtschaftlich ist er mehr als das. Wer ihn nutzen will, muss strenge Kriterien erfüllen: Preisstabilität, niedrige Zinsen, stabile Wechselkurse, und ein Haushaltsdefizit unter 3 Prozent. Bulgarien hat sich, trotz aller Widrigkeiten, in diese Schablone gezwungen.

Der Euro sei ein Versprechen für mehr Wohlstand, höhere Investitionen und Handelsverflechtungen, heißt es in Brüssel. Tatsächlich ist Bulgarien ein interessantes Fallbeispiel: Die Wirtschaft wuchs zuletzt robust, die Verschuldung ist niedrig.
Dennoch regt sich Widerstand in der Bevölkerung: Umfragen zufolge fürchtet ein Teil der Bulgaren Preissteigerungen und den Verlust nationaler Identität.
Was Österreichs Krise offenlegt
Dass Österreich in ein Defizitverfahren schlittert, liegt nicht nur an der schwachen Konjunktur. Es offenbart auch eine strukturelle Schieflage.
Die Pandemie-Jahre, Inflation und eine expansive Sozialpolitik haben tiefe Löcher in den Haushalt gerissen. Zugleich wuchs der politische Druck, das Wohlstandsniveau zu halten. Über Jahre lebte der Staat über seine Verhältnisse.
Dass Brüssel nun formell eingreift, ist ein Warnsignal – auch an andere Länder mit hohen Defiziten, wie Italien oder Frankreich. Die EU will ihre Haushaltsregeln wieder ernst nehmen. Es ist ein heikler Balanceakt: Zu strenge Vorgaben können Konjunkturen abwürgen, zu lockere Regeln führen in die Schuldenunion.
Fiskalpolitik am Scheideweg
Die Entscheidungen zu Bulgarien und Österreich markieren mehr als nur einen Unterschied in fiskalischer Performance. Sie zeigen, wie die EU nach der Pandemie neue Schwerpunkte setzt: Seriosität in der Haushaltspolitik wird belohnt, auch bei kleinen Volkswirtschaften. Regelverstöße hingegen werden nicht mehr toleriert, auch nicht bei den "Musterschülern" früherer Jahre.
Was als technische Entscheidung erscheint, ist damit hochpolitisch. Die Eurozone will glaubwürdig bleiben – nach innen wie nach außen. Dass Bulgarien 2026 in den Euro darf, ist daher auch eine Botschaft: Wer spart, wird belohnt. Wer Schulden macht, verliert an Einfluss.
Ein Beitritt mit Signalwirkung
Dass ein Land wie Bulgarien nun das Eintrittsticket zur Eurozone erhält, ist bemerkenswert. Nicht, weil es reich wäre. Sondern weil es gezeigt hat, dass auch ein strukturell schwächeres Land die Kriterien erfüllen kann. Es ist eine Einladung an Polen, Tschechien oder Ungarn: Der Weg ist möglich. Aber er verlangt politische Disziplin.
Und für Österreich? Die Hoffnung bleibt, dass die Mahnung aus Brüssel als Chance begriffen wird. Nicht als Strafe, sondern als letzter Weckruf, den Pfad solider Finanzpolitik wieder zu beschreiten.
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