10. Dezember, 2025

Politik

EU-Lieferkettengesetz: Evaluierung eines Kompromissvorschlags

In einer unerwarteten Wendung der Verhandlungen haben sich die Unterhändler der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Parlaments in Brüssel darauf geeinigt, das Lieferkettengesetz der EU zu überarbeiten und in abgeschwächter Form durchzusetzen. Das neue Regelwerk wird zukünftig nur auf große Unternehmen anwendbar sein, die über mehr als 5.000 Mitarbeiter verfügen und einen jährlichen Umsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro erwirtschaften. Die ursprünglich vorgesehenen Schwellenwerte von 1.000 Mitarbeitern und 450 Millionen Euro Umsatz wurden fallengelassen. Diese Einigung bedarf noch der formalen Bestätigung beider beteiligter Institutionen, was jedoch allgemein als Formsache betrachtet wird.

Die Reaktionen auf diese Entscheidung sind gespalten. In den politischen Auseinandersetzungen der letzten Wochen hatte die konservative Fraktion im Europaparlament, unter der Führung von CDU und CSU, ihre Kräfte mit rechten Parteien gebündelt und damit den Grundstein für die Lockerung der Richtlinien gelegt. Bundeskanzler Friedrich Merz sprach sich bei seinem Amtsantrittsbesuch in Brüssel sogar für eine vollständige Abschaffung der Richtlinie aus. Diese Entwicklungen haben eine hitzige Debatte ausgelöst, wobei Kritiker die Entscheidung als Rückschlag für den globalen Schutz der Menschenrechte betrachten.

Auf Unternehmensseite wird die Einigung mit Erleichterung aufgenommen, da eine Reduzierung der bürokratischen Anforderungen an die Überwachung und Kontrolle der Lieferketten erwartet wird. Insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen sehen in der Neuregelung einen bedeutenden Vorteil, da sie nicht mehr mit zusätzlichen Berichtspflichten belastet werden. Viele bewerten dies als eine der erheblichsten Entlastungen für den Mittelstand in Europa in den letzten Jahren.

Die Entscheidung hat jedoch auch Widerstand hervorgerufen, insbesondere von liberalen, sozialdemokratischen und grünen Politikern, die die Art und Weise, wie die Einigung zustande kam, deutlich kritisierten. Tiemo Wölken, Europaabgeordneter der SPD, und Anna Cavazzini von den Grünen äußerten ihre Enttäuschung über die Allianz zwischen der konservativen Fraktion des Europaparlaments und rechten Parteien, die zu einem aus ihrer Sicht inakzeptablen Kompromiss geführt hat.

Diese Entwicklung wirft Fragen über die zukünftigen Koalitionen innerhalb des Europaparlaments auf, insbesondere was die bisherige Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Volkspartei (EVP), den Sozialdemokraten und den Liberalen betrifft. Sie markiert einen möglichen Wendepunkt, da diese Abstimmung erstmals durch eine klare rechte Mehrheit entschieden werden könnte. Die langfristigen politischen Auswirkungen dieser Entscheidung und die zukünftige Ausrichtung der europäischen Handelspolitik bleiben abzuwarten.