Die Expansion der österreichischen Erste Group Bank nach Polen nimmt konkrete Formen an. Die polnische Finanzaufsicht KNF hat sämtliche regulatorischen Genehmigungen für den Einstieg bei der Santander Bank Polska sowie der Fondstochter Santander TFI erteilt. Damit sind alle Voraussetzungen für den Abschluss der Transaktion erfüllt. Das Closing wird für Mitte Januar erwartet.
Auch die weiteren aufschiebenden Bedingungen – darunter die kartellrechtliche Freigabe auf EU-Ebene sowie der parallele Verkauf der Santander Consumer Bank an die spanische Mutter – sind abgeschlossen. Für die Erste Group ist der Deal damit nicht nur regulatorisch, sondern auch operativ abgesichert.

7 Milliarden Euro für den Markteintritt mit kritischer Größe
Die Österreicher hatten im Mai angekündigt, für rund sieben Milliarden Euro einen beherrschenden 49-Prozent-Anteil an der Santander Bank Polska sowie 50 Prozent an Santander TFI zu erwerben. Im Gegenzug erhält Banco Santander die vollständige Kontrolle über das polnische Consumer-Banking-Geschäft.
Der Schritt ist strategisch sauber konstruiert. Statt eines schrittweisen Markteintritts kauft sich die Erste Group direkt in relevante Größenordnung ein. Die Santander Bank Polska ist gemessen an den Vermögenswerten die drittgrößte Bank des Landes und hält einen Marktanteil von über acht Prozent. Gleichzeitig zählt sie zu den profitabelsten Instituten Polens.
Sofortige Skaleneffekte in Mittel- und Osteuropa
Mit dem Zukauf verschiebt sich das Gewicht der Erste Group spürbar. Das Kreditvolumen in Zentral- und Osteuropa steigt von zuletzt 94 Milliarden Euro auf rund 131 Milliarden Euro. Die Kundenbasis wächst um mehr als ein Drittel auf etwa 23 Millionen Menschen.

Für den Konzern ist Polen damit kein Randmarkt mehr, sondern ein neuer Kernbaustein der Wachstumsstrategie. Der Markt gilt als einer der dynamischsten Bankenmärkte Europas – mit stabiler Wirtschaftsentwicklung, vergleichsweise niedriger Marktsättigung und hoher Nachfrage nach klassischen Bank- und Anlageprodukten.
Fondsgeschäft als zusätzlicher Hebel
Neben dem Bankgeschäft übernimmt die Erste Group auch die Hälfte an Santander TFI, einer der etablierten Fondsgesellschaften des Landes. Ende 2024 verwaltete das Unternehmen rund sechs Milliarden Euro an Vermögenswerten.
Damit sichert sich die Erste Group nicht nur Erträge aus dem klassischen Kredit- und Einlagengeschäft, sondern auch Zugang zum margenstärkeren Asset-Management-Bereich. Gerade in Polen wächst die Nachfrage nach Investment- und Vorsorgeprodukten seit Jahren überdurchschnittlich.
Finanzierung aus eigener Kraft
Bemerkenswert ist auch die Finanzierung: Die Erste Group stemmt die Transaktion vollständig aus eigenen Mitteln. Das unterstreicht die robuste Kapitalausstattung des Konzerns – und signalisiert den Investoren, dass der Deal nicht zulasten der Bilanzstabilität geht.
Parallel vereinbarten Erste Group und Banco Santander eine strategische Kooperation in ausgewählten Regionen und Geschäftssegmenten. Das deutet darauf hin, dass der Verkauf nicht als Rückzug, sondern als Neuausrichtung der spanischen Bank verstanden werden soll.
Polen wird zum strategischen Eckpfeiler
Für die Erste Group ist der Schritt mehr als eine geografische Erweiterung. Der Konzern verankert sich dauerhaft in einem der wichtigsten Wachstumsmärkte Europas – mit sofortiger Marktpräsenz, hoher Profitabilität und Skalenvorteilen.
Der polnische Markt dürfte damit in den kommenden Jahren eine ähnliche Rolle einnehmen wie Tschechien oder Rumänien im bestehenden Netzwerk der Bank: als stabiler Ertragsbringer und Wachstumsmotor zugleich.



