Gerichtsurteile erzwingen Einlenken
Fast zwei Jahre lang warteten rund 2.000 Afghanen in Islamabad auf ihre Weiterreise nach Deutschland. Viele von ihnen hatten für deutsche Projekte gearbeitet und waren deshalb offiziell als „besonders gefährdet“ eingestuft. Doch die Zusagen aus Berlin blieben Papier. Die Visa kamen nicht, die Verfahren wurden verschleppt.
Das Verwaltungsgericht Berlin machte dem nun ein Ende. In mehreren Beschlüssen stellte es klar, dass die Bundesregierung an ihre Aufnahmezusagen gebunden ist. Unterlassung würde nicht nur gegen das eigene Wort, sondern auch gegen geltendes Recht verstoßen. Sogar ein Zwangsgeld gegen das Auswärtige Amt stand im Raum.
Wir berichteten bereits:

Pakistan verliert die Geduld
Während Berlin zögerte, handelte Islamabad. Die pakistanischen Behörden erklärten die Duldungen vieler afghanischer Flüchtlinge für ungültig und starteten Massenabschiebungen. Wer keine gültigen Papiere mehr hatte, musste mit Rückführung nach Afghanistan rechnen.
Für zahlreiche Familien, die eigentlich längst nach Deutschland weiterreisen sollten, bedeutete das akute Lebensgefahr. Rund 200 Afghanen wurden bereits in ihre Heimat abgeschoben – zurück in die Arme der Taliban.
Stilles Einlenken statt großer Geste
Die Bundesregierung will die nun erlaubten Einreisen ohne Aufsehen abwickeln. Keine Bilder von Chartermaschinen, keine Kameras am Rollfeld. Stattdessen sollen die Betroffenen per Linienflug über Dubai oder Istanbul nach Deutschland reisen.
Offiziell heißt es aus dem Auswärtigen Amt, die Prüfverfahren seien wieder angelaufen und Personal vor Ort. In Wahrheit geschieht das Einlenken nicht aus Einsicht, sondern weil der Druck von Gerichten und internationalen Partnern zu groß wurde.

Ein Minister auf Tauchstation
Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) hält sich an seiner Argumentation fest: Sicherheit gehe vor, jeder Fall müsse sorgfältig geprüft werden. „Ordentlich“ wolle er es machen. Dass Menschen dadurch monatelang ohne Papiere in Pakistan ausharren mussten, ließ ihn unbeeindruckt.
Seine Linie: Kontrolle wichtiger als Tempo. Der Preis: ein wachsender Berg an Akten, unzählige gestrandete Familien – und ein Rechtsstaat, der seine eigenen Zusagen nicht einhält.
Rückkehr der Beamten – doch die Last bleibt
Ab September sollen deutsche Sicherheitskräfte wieder in Islamabad arbeiten, nachdem sie im Mai wegen Spannungen zwischen Pakistan und Indien abgezogen worden waren. Sie sollen Identitäten überprüfen, offene Fragen klären, Verfahren beschleunigen. Doch das Problem ist längst zu groß: Tausende Anträge, abgelaufene Dokumente, überforderte Strukturen.
Ein spätes Eingeständnis
Für die Betroffenen bedeutet die Entscheidung Hoffnung. Für den Rechtsstaat bleibt ein Makel: Erst als Gerichte einschritten und ein Zwangsgeld drohte, lenkte Berlin ein. Das Signal ist eindeutig – Zusagen der Bundesregierung sind ohne juristischen Druck offenbar wenig wert.
Dass nun erste Familien Deutschland erreichen, ist überfällig. Für jene, die bereits abgeschoben wurden, kommt die Einsicht zu spät.
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