12. Dezember, 2025

Insurance

Ein Rabatt zur Unzeit – und eine Branche, die um ihre Glaubwürdigkeit fürchtet

DA Direkt wirbt mit 20 Prozent Black-Week-Rabatt für Kfz-Neukunden – in einem Markt, der seit Monaten steigende Prämien ankündigt. Makler, Experten und die Bafin sehen Risiken.

Ein Rabatt zur Unzeit – und eine Branche, die um ihre Glaubwürdigkeit fürchtet
Der aggressive Black-Week-Rabatt stellt die Glaubwürdigkeit der Branche und die Risikobepreisung infrage.

Die Zurich-Tochter setzt auf maximale Aufmerksamkeit

DA Direkt bricht mit einer Branchengewohnheit: Während Kfz-Versicherer ihren Kunden seit Monaten erklären, warum Beiträge steigen müssen, wirbt die Zurich-Tochter mit einem Black-Week-Rabatt von 20 Prozent – und damit aggressiver als jeder andere Anbieter. Die Aktion läuft bis Ende November und fällt exakt in die Wechselphase, in der jährlich Millionen Haushalte ihre Autoversicherung neu abschließen.

Der beworbene Vorteil ist deutlich: Für einen VW Passat Variant 2.0 TSi nennt DA Direkt einen Vergleichspreis von 610,36 Euro – inklusive Rabatt. In der firmeneigenen Grafik wird dieser Wert Wettbewerbern gegenübergestellt, angeführt von der Gothaer mit mehr als 1.029 Euro. Der Rabatt macht den Preisvergleich erst möglich; ohne den Abschlag wäre der Abstand deutlich kleiner.

Die Werbeoffensive irritiert nicht nur die Konkurrenz

Die Kampagne läuft ungewöhnlich breit. In Advertorials, die wie redaktionelle Beiträge wirken, taucht die Offerte bei Spiegel, Auto Motor Sport, Berliner Morgenpost, RTL und NTV auf. Damit nutzt DA Direkt die Welle rund um Black Friday – einen Vermarktungsturbo, der im Handel längst etabliert ist, in der Versicherungsbranche aber exotisch bleibt.

Branchenbeobachter erinnern daran, dass die Zurich-Tochter bereits 2021 mit einer ähnlichen Aktion auffiel. Damals lag der Rabatt bei 15 Prozent. Nun legt der Direktversicherer noch einmal drauf – in einer Phase, in der viele Anbieter wegen steigender Schadenkosten und hoher Inflation die Preise anheben müssen.

Makler stellen die Glaubwürdigkeit der Branche infrage

Für Vermittler ist die Aktion ein Affront. In den größten Makler-Communities dominieren kritische Stimmen. Pierre Esser spricht von „Aktionismus“ und einem Versuch, das Image aufzupolieren, während die Zurich selbst Verluste schreibe. Der Vorwurf: DA Direkt werbe mit Konditionen, die nur für Neukunden gelten – zulasten loyaler Bestandskunden.

Ähnlich argumentiert Stefan B. Schnepf. Die Rabattschlacht sei nicht erklärbar, wenn langjährige Versicherte gleichzeitig steigende Prämien schultern müssten. Für ihn produziert die Kampagne nur eines: Misstrauen.

Branchenexperte Stephan von Heymann geht weiter. Der Rabatt passe nicht zur Marktlage, in der Schadenaufwendungen und Ersatzteilpreise seit Jahren steigen. In seinen Augen wirkt die Aktion wie eine Unterdeckungstaktik, die sich nur durch aggressive Kundengewinnung rechnen soll. Er erinnert an gescheiterte Rabattmodelle früherer Anbieter – Insurtechs eingeschlossen –, die Marktanteile erkauften, aber an den realen Schadenkosten scheiterten.

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Der Aufseher schaut genau hin

Die Bafin äußert sich nicht zum Einzelfall, aber sehr klar zum Prinzip. Rabattaktionen seien nicht grundsätzlich untersagt, sagt ein Sprecher. Entscheidend sei, dass die Tarifierung risikobasiert bleibt und die Wohlverhaltensregeln eingehalten werden. Und genau hier beginnen die aufsichtsrechtlichen Kopfschmerzen.

Pauschale Rabatte in zweistelliger Höhe könnten in Konflikt geraten mit den Vorgaben, wonach gleiche Risiken gleich bepreist werden müssen. Wenn Kunden mit identischem Profil plötzlich drastisch unterschiedliche Beiträge zahlen, steht der Kundennutzen infrage – eine zentrale Anforderung der Aufsicht.

Die Bafin erinnert zudem daran, dass Schaden- und Unfallversicherer ihre Tarife an gestiegene Kosten anpassen müssen. Gleichzeitig macht sie deutlich, dass dauerhaft defizitäre Sparten nicht akzeptiert werden. Der Aufseher kündigt an, Ausreißer konsequent zu identifizieren und gegen „schwarze Schafe“ vorzugehen. Die Botschaft ist unmissverständlich: Marketing hat Grenzen, sobald die Preispolitik die Risikokalkulation verzerrt.

Der Rabatt zeigt den Druck im Markt

Der Vorstoß der DA Direkt offenbart mehr als eine aggressive Werbeidee. Er legt die Spannungen in einem Markt offen, in dem digitale Anbieter um Volumen kämpfen, klassische Versicherer ihre Kosten neu sortieren und Makler um ihre Rolle zwischen Preis und Beratung ringen. Die Zurich-Tochter sendet das Signal, dass sie bereit ist, mit kurzfristigen Rabatten Marktanteile zu gewinnen – und die Debatte darüber in Kauf nimmt.

Ob die Aktion betriebswirtschaftlich trägt, zeigt sich erst in den nächsten Schadenjahren. Die politischen und regulatorischen Fragen aber sind sofort präsent: Wie weit darf ein Versicherer im Wettbewerb gehen? Und wie viel Rabatt verträgt ein Markt, der seine Kunden eigentlich auf höhere Beiträge vorbereitet?

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