Spanien zahlt besser – und steht stabiler da
Drei Prozent Zinsen für Staatsanleihen aus Südeuropa – noch vor wenigen Jahren wäre das als Risikoaufschlag abgestempelt worden. Heute ist es ein Renditevorteil. Spanien hat sich vom Sorgenkind der Eurokrise zum Musterknaben der Finanzpolitik entwickelt.
Neue achtjährige Anleihen des Königreichs (ISIN: ES0000012P74) locken mit einem Kupon von 3,0 Prozent. Die Nachfrage war so hoch, dass die Kurse bereits auf über 101 Prozent gestiegen sind – was die Rendite auf rund 2,8 Prozent drückte. Wer dennoch die vollen drei Prozent will, muss weiter nach hinten greifen: Bis 2035 bieten ältere Spanien-Bonds diesen Satz. Zum Vergleich: Zehnjährige Bundesanleihen rentieren aktuell bei rund 2,3 Prozent.
Vom Krisenstaat zum Anlagefavoriten
Noch 2012 stand Spanien am Abgrund. Eine platzende Immobilienblase, hohe Jugendarbeitslosigkeit und eine Bankenkrise ließen das Vertrauen der Investoren schwinden. Heute gilt das Land als einer der solidesten Schuldner Europas.
Die Ratingagentur Standard & Poor’s hat Spanien im September auf A+ mit stabilem Ausblick hochgestuft – nur zwei Stufen unter Deutschlands AAA. Das Lob gilt vor allem den Strukturreformen der letzten Jahre: Der Privatsektor hat massiv Schulden abgebaut, die Beschäftigung wächst, und der Binnenkonsum bleibt robust.

„Spanien hat die Krise nicht nur überlebt, sondern daraus gelernt“, sagt ein Analyst einer großen europäischen Investmentbank. „Die Haushaltsdisziplin und die Wirtschaftsdynamik sind bemerkenswert – gerade im Vergleich zu Deutschland oder Frankreich.“
Wirtschaftswachstum statt Stagnation
Während die Euro-Zone laut S&P im Jahr 2025 nur um 0,8 Prozent wachsen dürfte, trauen die Experten Spanien ein Plus von 2,6 Prozent zu – dreimal so viel. Besonders stark ist der Dienstleistungssektor: Tourismus, Finanzwirtschaft und Technologie tragen den Aufschwung.
Von den US-Zöllen, die viele europäische Exporteure belasten, ist Spanien weitgehend unberührt. Das Land exportiert weniger Industrieprodukte, setzt stattdessen auf Dienstleistungen, Bau und Energie. Damit zeigt Madrid, dass wirtschaftliche Stärke auch jenseits der klassischen Industrie möglich ist.
Schuldenabbau im Rekordtempo
Trotz Pandemie und Inflation hat Spanien seine Staatsverschuldung konsequent gesenkt. Von 119 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2020 auf knapp 100 Prozent in diesem Jahr – eine der stärksten Konsolidierungen in der Eurozone.
Der Unterschied zu Italien oder Frankreich ist deutlich: Während Rom und Paris weiter hohe Defizite fahren, erzielt Spanien Primärüberschüsse und investiert gleichzeitig in Zukunftsbranchen wie erneuerbare Energien, Infrastruktur und Digitalisierung.
Diese Kombination aus Wachstum und Haushaltsdisziplin verschafft Spanien einen seltenen Bonus: Vertrauen. Anleger, die nach sicheren, aber rentableren Alternativen zu Bundesanleihen suchen, finden sie zunehmend auf der Iberischen Halbinsel.
Deutsche Sparer im Renditedilemma
Für deutsche Privatanleger wirkt das spanische Zinsangebot wie ein Déjà-vu aus den Zeiten vor der Nullzinsära – nur mit umgekehrten Vorzeichen. Bundesanleihen gelten zwar als die sicherste Anlage Europas, bringen aber kaum Rendite. Spanien bietet etwas mehr Risiko – aber deutlich mehr Ertrag.
Die Renditedifferenz von rund 0,5 Prozentpunkten ist nicht spektakulär, aber stabil. Und wer langfristig denkt, profitiert von einem Land, das seine Finanzen besser im Griff hat, als viele erwarten.
Selbst institutionelle Investoren beginnen umzudenken. „Spanien ist kein Hochzinsland mehr – sondern ein wirtschaftlich gesunder Staat mit attraktiven Papieren“, heißt es aus Fondsmanagerkreisen.
Ein anderer Klang aus dem Süden
Lange galt der Süden Europas als Synonym für Reformstau und Defizite. Heute ist Spanien das Gegenbeispiel – während im Norden die Konjunktur lahmt. Die Regierung in Madrid hat nicht nur Investoren überzeugt, sondern auch Vertrauen an den Märkten zurückgewonnen.
Das Königreich zeigt, dass fiskalische Vernunft und Wachstum kein Widerspruch sein müssen. Drei Prozent Zinsen sind da weniger Lockmittel als Signal: Der Süden kann Stabilität liefern – wenn man ihn lässt.
Das neue Gleichgewicht in Europa
Spanien hat sich leise, aber entschieden aus der Schattenrolle befreit. Wo Berlin sich mit Haushaltstricks und Schuldenbremse quält, investiert Madrid gezielt in Zukunftsthemen – und wird dafür an den Märkten belohnt.
Für Anleger ist das eine seltene Gelegenheit: höhere Zinsen, vertretbares Risiko und ein Land, das seine Lehren gezogen hat. Vielleicht ist das wahre „sichere Investment“ in Europa längst nicht mehr in Frankfurt – sondern in Madrid zu Hause.

