18. Oktober, 2025

Märkte

Ein europäisches Börsenphänomen

In jüngster Zeit wird der Ruf nach der Etablierung einer zentralen europäischen Börse immer lauter, inspiriert durch Fälle wie den der deutschen Firma Biontech, die sich für ihren Börsengang für die US-amerikanischen Märkte entschieden hat. In diesem Kontext hat Bundeskanzler Friedrich Merz von der CDU die Einrichtung einer European Stock Exchange vorgeschlagen. Ziel dieser Initiative ist es, die Abwanderung europäischer Unternehmen an internationale Finanzplätze außerhalb Europas zu verhindern. Der Vorschlag findet sowohl in politischen wie auch in wirtschaftlichen Kreisen Anklang, obwohl seine Umsetzung mit erheblichen Herausforderungen verbunden ist.

Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Schutzvereins für Wertpapierbesitz (DSW), begrüßt diesen Vorschlag als „Königsweg für Europa“. Er sieht in einer zentralen Börse das Potenzial, die Finanzströme innerhalb Europas effizienter zu bündeln. Allerdings könnten nationale Interessen der EU-Mitgliedsländer eine solche Entwicklung hemmen. Derzeit existieren in der Europäischen Union über 500 verschiedene Handelsplätze, was zu einem stark fragmentierten und kaum transparenten Finanzmarkt führt. Die Deutsche Börse kritisiert diesen Zustand schon längere Zeit und spricht sich für eine Reformierung des Finanzmarktes aus, um die europäischen Kapitalmärkte zu stärken und gleichzeitig gesellschaftlichen Herausforderungen effektiver begegnen zu können.

Unterstützung erhält der Vorschlag auch vom SPD-Vizekanzler und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil, der in der Schaffung einer gemeinsamen Börsenstruktur eine bedeutende Chance zur Stärkung der europäischen Kapitalmärkte sieht. Vor dem Hintergrund der rund 11,5 Billionen Euro, die derzeit auf den Sparkonten europäischer Bürger liegen, wird das Potenzial einer optimaleren Kapitalverwendung deutlich. Ziel ist es, dieses Kapital in renditestärkere Anlagen zu kanalisieren, was jedoch bislang nicht in vollem Umfang gelingen konnte. Marc Tüngler betont die Bedeutung der Vision einer zentralen europäischen Börse und fordert, dass den ambitionierten Zielen nun konkrete Taten folgen müssen.