Ein Umfrageergebnis, das aufrüttelt
Die neuesten Zahlen des ZDF-Politbarometers schlagen ein wie ein Zwischenruf aus einem ungeduldigen Land. Union und AfD stehen gleichauf bei 27 Prozent – beide legen gegenüber Anfang des Monats um einen Punkt zu. Für die AfD ist es der höchste je gemessene Wert in dieser Befragung. Ein statistischer Meilenstein, der zeigt, wie tief der politische Frust mittlerweile reicht.
Die SPD tritt dagegen weiter auf der Stelle und bleibt bei 14 Prozent. Die Grünen verharren bei 12, die Linke verliert einen Punkt und fällt auf 9 Prozent. Die Sonstigen rutschen ebenfalls ab. Schwarz-Rot käme weiterhin auf keine Mehrheit.
Es ist ein Bild politischer Verschiebungen – und eines schwindenden Vertrauens in die Regierungsarbeit.

Regierung auf dem Tiefpunkt – und das Land merkt es
59 Prozent der Befragten stellen der Bundesregierung ein schlechtes Zeugnis aus. Nur 37 Prozent sind zufrieden. Das ist der niedrigste Wert seit Beginn der Legislatur – und ein Signal, das im Kanzleramt kaum zu überhören sein dürfte.
Friedrich Merz, seit einem Jahr Bundeskanzler, kämpft mit einer Koalition, die in zentralen Fragen gespalten wirkt. Der Eindruck, dass Grundsatzentscheidungen immer häufiger vertagt werden, hat sich verfestigt. Für Wählerinnen und Wähler scheint das Vertrauen zu kippen – und die AfD profitiert davon in einem Maß, das selbst erfahrene Wahlforscher überrascht.
Warum die AfD so stark gewinnt – und die Union mitzieht
27 Prozent für die AfD sind mehr als nur ein Protestausrufezeichen. Es ist ein Rekordwert, der gleich mehrere Trends bündelt: die Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Lage, Streit in der Koalition, eine Regierung, die auf vielen Feldern mehr ankündigt als liefert, und eine Stimmung, die bei Themen wie Migration oder Energieversorgung gereizter wirkt als in den Jahren zuvor.
Die Union profitiert gleichzeitig von ihrer Oppositionsrolle: Sie erscheint als stabile Alternative, ohne selbst Verantwortung für den aktuellen Zustand tragen zu müssen. Dass CDU und CSU ihren höchsten Wert seit Monaten erreichen, ist daher kein Zufall – und für Merz ein seltener Moment, in dem Kanzlerschaft und Parteiführung zugleich unter Druck geraten.

Die Rentenpolitik wird zum Generationenkonflikt
Besonders aufschlussreich ist ein zweiter Befund: 71 Prozent der Befragten glauben, dass die Rentenpolitik zulasten der jüngeren Generation gehe. Ein Wert, der selbst politische Veteranen überrascht – zumal 62 Prozent der über 60-Jährigen diese Einschätzung teilen.
Damit rückt ein Thema in den Mittelpunkt, das lange als abstrakt galt. Der Vorschlag der Bundesregierung, das Rentenniveau bis 2031 unverändert zu halten und anschließend zu verstetigen, hat eine Debatte angestoßen, die quer durch die Parteien verläuft.
46 Prozent finden den Vorschlag gut, trotz hoher Kosten. 43 Prozent lehnen ihn ab – vor allem jüngere Befragte, die fürchten, später die Rechnung zu zahlen.
Der Konflikt innerhalb der Union – angefeuert durch Abgeordnete, die vor Milliardenlasten warnen – heizt die Lage zusätzlich an. Es ist ein Thema, das zehntausende Seiten Gutachten füllt, aber in der Realität auf eine simple Frage hinausläuft: Wer trägt welche Last – heute, morgen, übermorgen?
Was bleibt, ist ein politisches Frühwarnsystem
Das Politbarometer liefert kein Wahlergebnis, aber einen klaren Trend: Die politische Mitte verliert an Bindungskraft, während Skepsis und Enttäuschung weiter wachsen. Union und AfD profitieren auf sehr unterschiedliche Weise – die eine durch Erfahrung, die andere durch Protest.
Für die Regierung bedeutet das: Zeit ist keine Ressource mehr, die sich bequem verplanen lässt. Politik muss erklären, entscheiden, liefern. Sonst übernehmen andere das Feld.
Und diese Zahlen zeigen, dass der Moment dafür schneller kommen kann, als vielen lieb ist.



