China wird zur Doppel‑Falle
Die neuesten Zahlen belegen das Dilemma: Im Mai brachen Chinas Importe um 3,4 % ein – nach nur –0,2 % im April. Für Deutschland, das jährlich rund ein Fünftel seiner Industrieprodukte nach China exportiert, ist das ein Warnsignal.
Noch dringlicher: Chinas Exporte in die USA kollabierten um rund 35 % – der stärkste Rückgang seit der Corona‑Krise. Die ohnehin angespannte US‑Zolllage treibt chinesische Produkten Richtung Europa – mit Auswirkungen auf den heimischen Markt.
Gefährlicher Preisdruck
Deutsche Konzerne spüren das schon. Chinesische Überkapazitäten in der Basischemie veranlassen Exporteure, ihre Produkte preislich aggressiv in Europa zu platzieren.
Analysten fürchten, dass BASF, Covestro & Co. bald intensiver unter Billigdruck leiden könnten. Zwar melden sie noch keinen unmittelbaren Rückgang der Preise – doch die Dynamik könnte sich rasch ändern.
Form und Richtung der Offensive verändert sich
Parallel dazu lastet ein Zollpaket auf deutschen Exportunternehmen: US‑Zölle auf Stahl‑ und Aluminiumteile sind teilweise auf 50 % angestiegen.
Zwar betrifft das nur einen kleinen Teil der Stahlexporte , doch mittelständische Zulieferer mit US‑Geschäft stehen schon unter enormem Kostendruck. Die deutsche Außenhandelsbilanz mag noch solide aussehen – der Trend ist aber alarmierend.

Chinas Binnenkonjunktur – Motor schwächelt
Doch nicht nur die Handelsseite gibt Anlass zur Sorge. Für die Industrie entscheidend ist ein „deutlich unter 4 %“-Wachstum Chinas, warnte Covestro-Chef Markus Steilemann.
Vorherige Regierungsziele lagen bei fünf Prozent, doch die Realität bleibt deutlich darunter. Wer in China investiert, trifft mittlerweile auf einen Markt mit fallender, nicht steigender Nachfrage – Warnsignal für Investitionen und langfristige Planungen deutscher Konzerne.
Krise in der Chemie – Deutschland im Abwarten
Die Chemiebranche reagiert mit Nervosität. Der VCI meldete einen Absatzrückgang der Chemieexporte nach Asien um 1,5 % im Jahresvergleich von Januar bis Februar. Gleichzeitig rechnen Branchenvertreter damit, dass sich die Erholung erst 2026 abspielt.
Deutschlands Chemiekonzerne – weltweit drittgrößter Exporteur mit etwa 142 Mrd. € Exportvolumen – stehen ohne Kurzfrist-Optimismus da.
Mehrfach angespannt: Strukturbrüche in Asien und Amerika
Für deutsche Unternehmen ergibt sich aktuell ein doppeltes Dilemma:
- Überschwemmung durch billige chinesische Produkte: Exportausfall durch US-Zölle wird durch aggressive Platzierung in Europa kompensiert.
- Konjunkturschwäche in China: Wer auf Wachstumspotenziale im Reich der Mitte setzte – wie BASF mit Kapitalanlagen in Zhanjiang – erlebt Ernüchterung.
- Zollbelastung in den USA: Exporte mit Stahl‑ oder Aluminiumanteilen verlieren an Attraktivität – insbesondere für mittelständische Zulieferer.
Strategische Antworten verlangt
Wie umgehen mit diesem komplexen Risiko? Experten empfehlen:
- Diversifizierung weg von China und USA – etwa mit Fokus auf Südostasien oder Lateinamerika.
- Technologische Wertschöpfung erhöhen, um nicht allein über Preis zu konkurrieren – Stichwort: Spezialchemie, Digitalisierung, grüne Technologien.
- Handelsdiplomatie aktivieren: Mit europäischen Schutzmechanismen – etwa gegen Stahl‑Dumping – und stärkeren Handelsverhandlungen.
Für die Branche geht es um mehr als Umsatzzahlen
Der aktuelle Konjunkturcrash in China, kombiniert mit US-Zolldruck, trifft deutsche Industrie schwer. Mehr als ein kurzfristiges Rückzugsmanöver ist gefragt: Es geht um strategische Neuorientierung.
Wer sich weiterhin auf China als Wachstumsmotor verlässt, handelt fahrlässig. Und wer auf den US-Markt mit Stahl zielt, muss mit einem Preisschild rechen.
Für Konzerne wie BASF, Covestro und Thyssen-Krupp ist diese „Doppelkrise“ eine harte Weckruf. Die Lektion lautet: Nur durch kluge Standortpolitik, robuste Lieferketten und technologische Fokussierung lässt sich die Wettbewerbsfähigkeit sichern. Wer jetzt nur warten will, zahlt später den Preis – womöglich über das Tempo der Erholung hinaus.
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