11. September, 2025

Wirtschaft

Digitalisierung auf der Anklagebank: Grundsatzentscheidung zur digitalen Arbeitswelt erwartet

Digitalisierung auf der Anklagebank: Grundsatzentscheidung zur digitalen Arbeitswelt erwartet

Die digitale Revolution hält Einzug in Deutschlands Supermärkte – doch nicht alle Mitarbeiter sind begeistert. Eine Verkäuferin einer großen deutschen Supermarktkette hat die papierlose Gehaltsabrechnung zum Anlass genommen, um bis vor das Bundesarbeitsgericht in Erfurt zu ziehen. Dort wird am Dienstag entschieden, wie weit die Digitalisierung im Arbeitsalltag tatsächlich gehen darf und welche Regelungen für Arbeitgeber verbindlich sind. Neben dem Fall der Einzelhändlerin werden auch Fragestellungen zur gewerkschaftlichen Kommunikation in der digitalen Arbeitswelt behandelt, die grundsätzliche Weichen für die Zukunft stellen könnten.

Im Fall der Verkäuferin geht es um die Frage, ob Gehaltsabrechnungen ausschließlich digital über ein passwortgeschütztes Portal bereitgestellt werden dürfen. Fachleute bestätigen einen Trend hin zu digitalen Dokumenten, der jedoch nicht unumstritten ist. Die besagte Supermarktkette hat die Einführung des Mitarbeiterportals per Betriebsvereinbarung geregelt, wobei gedruckte Dokumente auf Wunsch bereitgestellt werden. Die Klägerin argumentiert, dass eine digitale Bereitstellung ohne ihre ausdrückliche Zustimmung nicht ausreiche, während der Arbeitgeber dies als zumutbar einschätzt.

Arbeitsrechtlich steht die Entscheidung auf wackeligen Füßen. Die Gewerbeordnung verlangt die Abrechnung in Textform, allerdings bleibt unklar, wie diese im digitalen Zeitalter zu interpretieren ist. In den Vorinstanzen gab es gegensätzliche Urteile: Während das Arbeitsgericht die Klage abwies, entschied das Landesarbeitsgericht zugunsten der Verkäuferin und forderte die Bereitstellung von Papierabrechnungen.

Der zweite Fall dreht sich um die Rechte von Gewerkschaften in einer zunehmend digitalen Arbeitsumgebung. Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie fordert vom Sportartikelhersteller die Herausgabe von E-Mail-Adressen der Beschäftigten, um ihre Mitglieder digital erreichen zu können. Die Gewerkschaft verweist auf ihre verfassungsrechtlich geschützten Rechte, doch hatte bisher keinen Erfolg.

Arbeitsrechtsexperten sehen die bevorstehenden Entscheidungen als richtungsweisend. Die Urteile könnten Regeln für viele Unternehmen und Gewerkschaften schaffen, da gesetzliche Bestimmungen für die digitale Arbeitswelt bislang fehlen.