Klimakonferenz trifft Realität
Verbrenner verbieten? Fleischkonsum beschränken? Flugtickets verteuern?
Während in Belém (Brasilien) die Klimadiplomaten zur COP30 zusammenkommen und über strengere Klimapolitik sprechen, sendet Deutschland ein anderes Signal: Bitte kein Klimaschutz, der den Alltag stört.
Laut einer repräsentativen YouGov-Umfrage, die das Magazin „Stern“ in Auftrag gab, lehnen 69 Prozent der Deutschen ein Produktions- und Verkaufsverbot für Diesel- und Benzinautos ab. 68 Prozent sagen Nein zu Kaufbeschränkungen bei Fleisch- und Milchprodukten. Das Thema treffe sie direkt – und genau dort wollen die meisten offenbar nicht mitmachen.
„Fördern statt verbieten“ – der deutsche Klimakonsens
Interessant wird es beim Blick auf die Maßnahmen, die Zustimmung erhalten. Sobald der Klimaschutz nicht im Privaten ansetzt, sondern beim Staat oder bei Unternehmen, steigt die Unterstützung deutlich:
- 71 Prozent befürworten mehr Investitionen in heimische Produktion statt energieintensiver Importe.
- 69 Prozent unterstützen staatliche Förderprogramme für energieeffizientes Wohnen.
- 69 Prozent wünschen sich ein Verbot von Einwegplastik.
- 66 Prozent wollen höhere Steuern für Unternehmen mit hohen Emissionen.
Der rote Faden: Klimaschutz darf gern stattfinden – solange er nicht im Supermarkt, in der Garage oder im Urlaub auftaucht.
Wenn Klimaschutz teurer wird, endet die Begeisterung
Dass die Akzeptanz endet, sobald Klimaschutz „kostet“, zeigt ein weiterer Wert der Umfrage. 56 Prozent sind gegen eine Anhebung der Ticketpreise im Flugverkehr um 50 Prozent.
Ein teureres Bahn-Ticket akzeptieren? Vielleicht.
Ein teurerer Flug nach Mallorca? Eher nicht.
Besorgt, aber nicht veränderungsbereit
Zwar machen sich 63 Prozent der Deutschen Sorgen wegen der Erderwärmung – aber das ist der niedrigste Wert seit zwei Jahren. Die Klimamüdigkeit wächst.
Trotzdem bleibt der Optimismus erstaunlich stabil:
46 Prozent glauben, dass sich die schlimmsten Folgen des Klimawandels noch verhindern lassen – allerdings nur mit drastischen Veränderungen. Welche Veränderungen das sein sollen, bleibt offen. Solange sie nicht persönlich sind, scheint alles möglich.
Was bedeutet das für die Politik?
Die Umfrage legt ein Spannungsfeld offen, das Klimapolitik hierzulande prägt:
Deutschland will Klimaschutz. Aber bitte ohne Kontoveränderung und ohne Lebensstilveränderung.
Politik steht damit vor einem strategischen Dilemma:
- Verbote und Einschränkungen sind unpopulär.
- Förderprogramme sind teuer.
- Klimaziele bleiben trotzdem bestehen.
Die einzige Option, die breite Zustimmung findet: Industrie und Technologie in die Pflicht nehmen. Effizienz statt Verzicht.

Ein nüchterner Befund
Die Klimakrise ist global. Der Alltag ist lokal.
Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich die politische Realität.
Verbote mobilisieren Widerstand.
Vorteile mobilisieren Zustimmung.
Wer Klimapolitik in Deutschland durchsetzen will, muss das berücksichtigen – sonst wird aus ambitionierten Klimazielen ein Ritual: große Worte auf Klimakonferenzen, kleine Schritte zu Hause.


