Der Umbau ist ehrgeizig, das Timing bewusst gewählt. Während viele Institute im Wealth Management vor allem verwalten, investiert die Deutsche Bank gezielt in Wachstum. Bis 2028 fließen 300 Millionen Euro in das Wealth Management, weitere 600 Millionen Euro in das Personal Banking. Es ist eine der größten Investitionsoffensiven im deutschen Privatkundengeschäft der vergangenen Jahre – und ein Signal, dass das Institut den Wettbewerb um vermögende Kunden nicht defensiv führen will.
Wachstum soll strukturell beschleunigt werden
Die Botschaft aus dem Management ist eindeutig: Der Markt wächst, aber das reicht nicht. Ziel ist es, schneller zu wachsen als die Konkurrenz. Entscheidend dafür ist weniger ein einzelnes Produkt als die Neuausrichtung der gesamten Organisation.
Seit dem Herbst 2024 wurden Private Banking und Wealth Management zusammengeführt, Hierarchieebenen reduziert und Entscheidungsprozesse verkürzt. Die Bank verabschiedet sich damit von einer historisch stark produkt- und infrastrukturgetriebenen Logik. Künftig soll die Kundensicht dominieren – nicht das interne Organigramm.

Personalaufbau statt Kostendisziplin
Anders als viele Wettbewerber setzt die Deutsche Bank im Wealth Management nicht primär auf Effizienzprogramme, sondern auf zusätzliche Berater. Gesucht werden erfahrene Kundenbetreuer, auch gezielt von regionalen Instituten. Sparkassen und Genossenschaftsbanken gelten intern als wichtigste Konkurrenten im Kampf um vermögende Privatkunden und Unternehmer.
Der Personalaufbau ist dabei kein Selbstzweck. Die Bank will Beratungskapazität schaffen, um komplexere Vermögen intensiver zu betreuen und neue Kundengruppen zu erschließen. Die Erwartung: Mehr Nähe zum Kunden führt zu höheren Mandatsvolumina und stabileren Erträgen.
IT wird vom Bremsklotz zum Hebel
Ein zentrales, oft unterschätztes Element ist die IT. Die Deutsche Bank will ihre fragmentierte Systemlandschaft radikal vereinfachen. Statt bislang 15 Kernbankensystemen sollen künftig jeweils ein System für das Wealth Management und eines für das Personal Banking ausreichen.
Das Ziel ist nicht nur Kostensenkung, sondern Geschwindigkeit. Einheitliche Plattformen sollen Produktzugang vereinfachen, Prozesse beschleunigen und Beratern mehr Zeit für Kunden geben. Gerade im Vermögensgeschäft entscheidet Reaktionsfähigkeit zunehmend über den Zuschlag.
Fünf Kundentypen statt Einheitsberatung
Die neue Organisation orientiert sich an fünf klar definierten Kundentypen. Sie reicht von vielbeschäftigten Berufstätigen, die digitale Videoberatung bevorzugen, bis zu Unternehmerfamilien mit hochkomplexen Vermögensstrukturen und Family-Office-Bedarf.
Produkte, die früher einzelnen Segmenten vorbehalten waren, stehen nun allen Kundengruppen offen. Die Bank will damit vermeiden, dass Kunden mit wachsendem Vermögen die Plattform wechseln müssen. Wachstum soll innerhalb der eigenen Struktur stattfinden.
Ambitionierte Ziele bis 2028
Die Zielmarken sind hoch gesteckt. Bis 2028 soll sich das Volumen der diskretionären Mandate weltweit verdoppeln. Gleichzeitig strebt die Bank jährlich ein Netto-Neugeldwachstum von sechs Prozent im Verhältnis zum verwalteten Vermögen an.
Diese Zahlen zeigen, worauf es hinausläuft: Weg von transaktionsgetriebenen Erträgen, hin zu planbaren, wiederkehrenden Einnahmen. Diskretionäre Mandate gelten als besonders stabil, aber auch als beratungsintensiv. Genau hier soll die Investitionsoffensive greifen.

Erben und Nachfolger rücken in den Fokus
Ein zentraler Wachstumstreiber liegt außerhalb der Kapitalmärkte. Jährlich werden in Deutschland mehr als 100 Milliarden Euro vererbt oder übertragen. Die Deutsche Bank positioniert sich gezielt als Begleiter dieses Vermögenstransfers.
Spezialisierte Einheiten für Nachfolgeplanung, Vermögensstrukturierung und Next-Gen-Programme sollen sicherstellen, dass Vermögen nicht nur verwaltet, sondern generationenübergreifend gebunden wird. Wer die nächste Generation erreicht, sichert sich die Beziehung für Jahrzehnte.
Digital, aber nicht anonym
Trotz aller Investitionen in digitale Angebote bleibt die persönliche Beratung das Herzstück der Strategie. An mehr als 300 Standorten in Deutschland steht jedem Wealth-Management-Kunden ein fester Ansprechpartner zur Verfügung. Digitale Vermögensverwaltung und Online-Tools sollen ergänzen, nicht ersetzen.
Die Bank setzt bewusst auf diesen Hybridansatz. Technik soll Prozesse vereinfachen und Transparenz schaffen, die Beziehung zwischen Kunde und Berater aber nicht verdrängen. Gerade bei großen Vermögen bleibt Vertrauen der entscheidende Faktor.
Der Wettbewerbsvorteil liegt in der Breite
Ein Pfund, mit dem die Deutsche Bank wuchert, ist ihre Konzernstruktur. Die enge Verzahnung mit Unternehmensbank, Investmentbank und Asset Management erlaubt eine ganzheitliche Beratung von Unternehmerfamilien – von der Vermögensanlage über Währungsabsicherung bis hin zum Unternehmensverkauf.
Genau darin liegt der strategische Kern der Offensive. Wealth Management soll nicht isoliert wachsen, sondern als Knotenpunkt innerhalb des Konzerns fungieren. Gelingt das, wäre der Anspruch, schneller zu wachsen als der Markt, mehr als ein Versprechen.
Am Ende entscheidet nicht die Investitionssumme, sondern die Umsetzung. Die Deutsche Bank hat die Mittel bereitgestellt. Jetzt muss sie beweisen, dass aus Strukturreformen, Berateraufbau und IT-Verschlankung tatsächlich ein schlagkräftiges Wealth Management entsteht.



