Die Deutsche Bahn bleibt trotz ambitionierter Pläne im negativen Fahrwasser. Vorstandschef Richard Lutz muss auch in der Jahresbilanz für 2024 rote Zahlen verkünden und hält dennoch am Hoffnungsschimmer einer Trendwende fest. Das politische Parkett gleicht allerdings einem Minenfeld für den 60-Jährigen: Inmitten der Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD könnte seine Position wackeln. Die Parteiverhandler präferieren einen Wechsel an der Spitze des Bahnkonzerns. Lutz ist seit 2017 im Amt, doch es scheint, als sei der zukünftige Kurs des Unternehmens unter neuer Regierungsführung ungewiss.
Ein internes Strategiepapier mit dem Titel «S3» offenbart alarmierende Pünktlichkeitsstatistiken. Nur 62,5 Prozent der Fernzüge trafen ihre Ziele im angegebenen Zeitfenster, während Verspätungen ab sechs Minuten nicht registriert wurden. Besonders die dürftige Infrastruktur und das überlastete Netz verlangen dringenden Handlungsbedarf. Die Bahn hofft nun mit der Sanierung von mehr als 40 Streckenabschnitten bis Anfang der 2030er Jahre auf Besserung. Bereits bis 2027 ist eine Pünktlichkeitsquote von 75 bis 80 Prozent anvisiert.
Finanziell befindet sich die Deutsche Bahn ebenfalls in Turbulenzen. Die teure Sanierung der Riedbahn und andere Bauvorhaben nagen am Budget, während Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und eine schleppende Güterverkehrssparte die Bilanz belasten. Eine weitere Herausforderung ist die Finanzierung eines geplanten 500 Milliarden Euro schweren Infrastrukturfonds, aus dem sich die Bahn 150 Milliarden Euro erhofft. Ein zentrales Investitionsvorhaben besteht in der Stabilisierung des Bahnsystems; hierfür sollen tiefgreifende Reformen im Unternehmen durchgeführt werden.
Politische Differenzen hinsichtlich der Zukunft des Bahnkonzerns sorgen derweil für Unsicherheiten. Während CDU und CSU über eine Trennung von Schienennetz und Bahnbetrieb nachdenken, bleibt die SPD strikt gegen eine Zerschlagung. Stattdessen könnte die Infrastruktursparte InfraGo eine größere Eigenständigkeit im bestehenden Konzerngefüge erhalten. Ob Vorstandschef Lutz künftig der Deutschen Bahn vorstehen wird, bleibt abzuwarten. Ein Umbruch in der Führung scheint jedoch offenbar.
Experten wie Martin Burkert, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, befürchten, dass ohne zügige und wirksame Maßnahmen aus dem Sanierungsprogramm ein Abwicklungsprogramm wird. Die kommenden Monate werden zeigen, wie konsequent die Bahn ihre strategischen Ziele umsetzt und wie die neue Bundesregierung der Bahn unter die Arme greifen wird.