Tech-Giganten im Höhenflug
Noch vor wenigen Jahren war KI ein Nischenthema, heute bestimmt es die Richtung der globalen Finanzmärkte. Nvidia, als zentraler Chip-Lieferant, und Microsoft, dank seiner Partnerschaft mit OpenAI, sind zu Symbolen des Booms geworden.
Gemeinsam repräsentieren sie inzwischen rund 15 Prozent des S&P 500 – ein Gewicht, das selbst im technologieverliebten US-Markt historisch ist. Doch zuletzt gab es Risse im Bild: Nvidia verlor in drei Tagen 3,6 Prozent, Microsoft 3 Prozent. Für andere wie Palantir fiel der Rückschlag mit minus 14 Prozent noch härter aus.
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Selbst Altman warnt
Besonders bemerkenswert: Sam Altman, Gründer von OpenAI und Mitverursacher des Hypes, spricht offen von Übertreibung. „Ja, Investoren sind überdreht“, räumte er bei einem Dinner in San Francisco ein.
Er verglich die aktuelle Lage mit dem Dotcom-Boom um die Jahrtausendwende: Damals verbrannten Anleger Milliarden, obwohl die Technologie langfristig tatsächlich die Welt veränderte. Altman sieht KI als beides: historisch bedeutend – und zugleich akut überbewertet.
Ernüchterung durch Fakten
Für einen Schock sorgte jüngst eine MIT-Studie: 95 Prozent der untersuchten KI-Projekte in Unternehmen hätten bislang keinen messbaren Gewinnbeitrag geliefert.
Steve Sosnick, Chefstratege bei Interactive Brokers, nannte die Ergebnisse einen „Spritzer kaltes Wasser ins Gesicht“. Sie verdeutlichen, dass enorme Investitionen in Server, Datenzentren und Software nicht automatisch Wert schaffen.
Apollo-Chefökonom Torsten Slok weist zudem darauf hin, dass die Investitionen in Rechenzentren inzwischen ähnlich viel zum US-Wachstum beitragen wie die Konsumausgaben – ein ungewöhnliches Ungleichgewicht.

Übertreibung oder nachhaltiger Trend?
Die Bewertungen der großen Player wirken teils grotesk. Tesla wird aktuell mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 200 gehandelt, Nvidia liegt bei etwa 60. Solche Niveaus sind nur dann gerechtfertigt, wenn die Gewinne langfristig explosionsartig steigen.
Viele Experten erwarten hingegen eine Marktbereinigung: Kleinere Softwarefirmen könnten schlicht überflüssig werden, sobald KI-Produkte die Geschäftsmodelle ersetzen.
Zwischen Euphorie und Realität
DZ-Bank-Stratege Sören Hettler betont, dass der Hype stark von profitablen Großkonzernen getragen werde. Nvidia und Microsoft verdienen Milliarden, was sie fundamental von vielen Internet-Start-ups der Dotcom-Ära unterscheidet.
Auch Fondsmanager wie Matthew Cioppa (Franklin Technology Fund) oder Ulrike Hoffman-Buchardi (UBS Global Wealth Management) zeigen sich optimistisch, warnen aber vor Klumpenrisiken: Investoren sollten stärker diversifizieren und auch Nachzügler im Blick behalten.
Parallelen zur Dotcom-Zeit
Die Geschichte spricht dafür, dass Boom und Crash kein Widerspruch sind. Der Dotcom-Rausch brachte zahllose Pleiten, aber auch die Geburt von Amazon, Google und Facebook.
Erst das Smartphone machte das Internet allgegenwärtig – und schuf die Basis für den heutigen Tech-Gigantismus. Genauso könnte KI, obwohl kurzfristig überbewertet, langfristig ein neues Fundament legen.
Die Gretchenfrage für Anleger
Ob der KI-Boom zur Blase oder zum nächsten großen Umbruch wird, entscheidet sich nicht in Monaten, sondern in Jahren. Doch die Gefahr liegt in der Mischung: hohe Bewertungen, enorme Investitionen, politische Unsicherheit und steigende Erwartungen.
Für Anleger heißt das: Wer jetzt blind auf steigende Kurse setzt, könnte hart erwachen. Wer selektiv investiert, hat dagegen die Chance, bei der Entstehung der nächsten Generation von Tech-Giganten dabei zu sein.
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