Der Aufstieg von CoreWeave wirkt wie ein Drehbuch aus dem Silicon-Valley-Lehrbuch: Vom Krypto-Schürfer zum KI-Infrastruktur-Giganten. Binnen weniger Monate avancierte das Unternehmen von einem wenig beachteten Cloud-Anbieter zum Wall-Street-Liebling.
Seit dem Börsengang im März 2025 hat sich der Aktienkurs um mehr als 330 Prozent gesteigert. Doch die spektakuläre Kursrally wird inzwischen von gleich mehreren Seiten untergraben.
Rechenzentren für die KI-Revolution
CoreWeave betreibt hochspezialisierte Cloud-Infrastruktur für KI-Modelle und rechnet sich große Chancen in einem Markt aus, den derzeit US-Giganten wie Amazon, Microsoft oder Google dominieren.
Die Nachfrage nach spezialisierten Rechenleistungen explodiert – und CoreWeave liefert. Im ersten Quartal 2025 legte der Umsatz um 420 Prozent auf knapp eine Milliarde US-Dollar zu.
Der Auftragsbestand: über 25 Milliarden Dollar. Das Umsatzziel für 2025 liegt bei 5 Milliarden Dollar. Noch 2022 hatte das Unternehmen kaum Einnahmen.
Expansionskurs mit hohem Preis
Doch das Wachstum hat seinen Preis. CoreWeave plant für dieses Jahr Investitionen in Höhe von 20 Milliarden Dollar – das Vierfache des erwarteten Umsatzes.
Der freie Cashflow lag zuletzt bei minus 1,35 Milliarden Dollar. Noch ist unklar, wie das Unternehmen diese Summe stemmen will. Neue Schulden? Weitere Aktienemissionen? Beides würde den Kurs belasten.
Short-Squeeze statt Substanz?
Der Kursanstieg ist auch Resultat eines massiven Short Squeeze. Zeitweise lag der Anteil leerverkaufter Aktien bei 45 Prozent. Die Leihgebühren schossen auf über 340 Prozent – ein Rekordwert.
Viele Leerverkäufer mussten ihre Positionen auflösen, was den Kurs noch weiter trieb. Aktuell liegt das Short Interest weiter bei über 30 Prozent – ein Pulverfass für weitere Kursausschläge, in beide Richtungen.
Der stille Countdown: Lock-up-Ende im September
Besonders brisant: Rund 84 Prozent aller CoreWeave-Aktien sind aktuell durch sogenannte Lock-up-Fristen gebunden. Diese enden im September 2025 – oder schon früher, wenn bestimmte Kursziele erreicht werden.
Dann dürften sich Investoren und Insider von ihren Papieren trennen. Angesichts der Kursgewinne liegt ein solcher Schritt nahe. Ein plötzlicher Angebotsüberhang könnte den Kurs einbrechen lassen.
Analysten warnen vor Überhitzung
Von 18 befragten Analysten empfehlen nur sechs den Kauf der Aktie. Elf raten zum Halten, ein Experte zum Verkauf.
Das durchschnittliche Kursziel liegt bei nur 78,53 Dollar – ganze 55 Prozent unter dem aktuellen Niveau. Die Analysten sind sich einig: CoreWeave ist ein Wachstumswunder. Aber eines mit eingebautem Risiko.
Ein Titel zwischen Genie und Risiko
CoreWeave steht sinnbildlich für den aktuellen KI-Hype: rasantes Wachstum, immense Erwartungen – aber auch fragiles Vertrauen. Wer heute investiert, setzt auf weiteres Momentum – und ignoriert fundamentale Warnsignale.
Das könnte Sie auch interessieren:
