Ein Moment, der alles sagt
Scharm El-Scheich, 13. Oktober 2025. Die Kameras sind auf die Bühne gerichtet, die Mikrofone aus. Donald Trump streckt Emmanuel Macron die Hand hin – fest, energisch, zu lange. Macron hält dagegen, lächelt knapp. Was aussieht wie ein kurzer Gruß, dauert fast 30 Sekunden. Und entwickelt sich zu einem stillen Machtkampf.
Beobachter sprechen von einem Händedruck, der weniger über Diplomatie als über Dominanz verriet. Trump, der jede Geste als Bühne versteht. Macron, der sich weigert, die Statistenrolle zu spielen.
Lippenlesen auf höchstem Niveau
Was die Mikrofone nicht aufzeichneten, hat die britische Lippenleserin Nicola Hickling für den US Mirror analysiert. Und das, was sie zu lesen glaubte, klingt eher nach einem Schlagabtausch als nach einem Gespräch:
„Also haben Sie zugestimmt?“, soll Trump gefragt haben. „Ist das ernst gemeint?“, antwortete Macron. Dann Trumps Vorwurf: „Warum haben Sie mich verletzt?“ – eine Mischung aus Anklage und Eitelkeit. Macrons knappe Antwort: „Entschuldigung.“
Kurz darauf soll der Franzose vorgeschlagen haben, das Gespräch „hinter verschlossenen Türen“ fortzusetzen. Trump entgegnete: „Ich habe nur den anderen verletzt.“ Macron blieb ruhig: „Ich verstehe. Wir werden ja sehen, was passiert.“
Eine Beziehung auf dünnem Eis
Dass sich die beiden nicht mögen, ist kein Geheimnis. Schon während Trumps Amtszeit als US-Präsident schwankte das Verhältnis zwischen Annäherung und offener Abneigung. Was 2017 noch wie eine politische Freundschaft begann – zwei Alphatiere, die sich respektieren – ist längst zur frostigen Fehde geworden.
Macron hatte zuletzt mit der Anerkennung Palästinas für Aufsehen gesorgt, ein Schritt, den Trump scharf kritisierte. Für ihn war das ein Affront – und die offene Infragestellung seiner Waffenruhe-Vermittlung in Gaza durch Macron offenbar der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Mehr Theater als Diplomatie
Beim Friedensgipfel in Ägypten ging es offiziell um humanitäre Hilfe und Stabilität im Nahen Osten. Doch was in Erinnerung bleibt, ist nicht die politische Substanz, sondern das Schauspiel. Während Kanzler Friedrich Merz höflich im Hintergrund blieb, inszenierte Trump sich als Architekt des Friedens – und Macron als moralisches Gegengewicht.
„Ich bin noch immer besorgt“, sagte Macron später, „weil wir wissen, dass sich Terrorgruppen nicht über Nacht auflösen.“ Ein Satz, der als Seitenhieb auf Trumps „Mission accomplished“-Rhetorik verstanden wurde.
Hinter verschlossenen Türen
Was im Anschluss hinter den schweren Türen des Konferenzzentrums geschah, ist bis heute unklar. Fest steht: Das Gespräch dauerte länger als geplant. Trumps Team sprach danach von einem „konstruktiven Austausch“. Macrons Delegation blieb kühl: „Es gab Differenzen.“
Beide Präsidenten traten danach getrennt vor die Presse. Trump lächelte breit: „Wir verstehen uns prächtig.“ Macron nickte höflich, sagte aber nichts.
Der symbolische Bruch
Der Händedruck von Scharm El-Scheich ist längst mehr als eine Randnotiz eines Gipfels. Er steht für eine neue politische Realität: westliche Partner, die sich nicht mehr vertrauen, Allianzen, die bröckeln, und ein diplomatisches Klima, das von persönlicher Eitelkeit geprägt ist.
Trump braucht den Erfolg, um außenpolitische Stärke zu zeigen. Macron will beweisen, dass Europa sich von den USA emanzipieren kann. Zwei Präsidenten, zwei Egos – und eine Welt, die ihnen zusieht.
Ein Foto bleibt
Am Ende bleibt nur das Bild: zwei Männer, die sich anlächeln, aber innerlich ringen. Ein Händedruck, der Frieden symbolisieren soll – und doch alles andere zeigt. Ein Moment, der nicht nur das Verhältnis zwischen Paris und Washington beschreibt, sondern auch den Zustand westlicher Diplomatie: höflich an der Oberfläche, angespannt darunter.
In Scharm El-Scheich wurde nicht nur über Frieden verhandelt. Es wurde demonstriert, wer ihn definieren darf.
