Ein Versprechen, das keiner mehr halten wollte
Es hätte das meistverkaufte E-Auto der Welt werden sollen: ein Tesla für unter 25.000 US-Dollar. In der Branche kursierte längst der Name: „Model 2“. Analysten kalkulierten das Fahrzeug bereits in ihre Schätzungen ein, Investoren witterten die nächste Wachstumswelle.
Doch dann kam ein Reuters-Bericht, der die Euphorie abwürgte: Tesla habe das Projekt gestoppt. Keine neue Plattform, kein Billig-Tesla.
Elon Musk reagierte – wie so oft – auf X. „Reuters lügt“, schrieb er. Die Tesla-Aktie sackte zunächst ab, erholte sich leicht. Doch hinter den Kulissen brodelte es weiter.
Musk dementiert öffentlich – intern herrscht Ratlosigkeit
Mehrere Führungskräfte wussten laut Recherchen von Reuters zu diesem Zeitpunkt bereits, dass das Projekt gestoppt war. Sie sollen Musk direkt auf seinen öffentlichen Widerspruch angesprochen haben – und nach Angaben informierter Kreise habe Musk dabei eingeräumt, dass das Vorhaben nicht weiterverfolgt werde.
Die Diskrepanz zwischen öffentlicher Kommunikation und interner Realität wirft Fragen auf: Wurden Anleger bewusst im Dunkeln gelassen? Und falls ja – mit welchen Konsequenzen?
Die SEC schaut schon hin
Elon Musk und die US-Börsenaufsicht SEC – das ist keine neue Geschichte. Bereits 2018 musste Musk eine empfindliche Strafe zahlen, nachdem er via Twitter einen angeblich gesicherten Tesla-Börsenrückzug angekündigt hatte.
Die Regulierer dürften sich nun genau ansehen, ob Musk mit seinen jüngsten Aussagen erneut eine Grenze überschritten hat. Falsche oder irreführende Aussagen gegenüber Investoren gelten an US-Börsen als gefährlicher Regelbruch – vor allem, wenn sie kursrelevant sind.
Der neue Plan: lieber vereinfachen statt neu entwickeln
Statt eines neuen Fahrzeugs plant Tesla nun abgespeckte Versionen der bestehenden Modelle 3 und Y. Technikchef Lars Moravy bestätigte auf einer Investorenkonferenz, dass die neuen Varianten auf bestehenden Plattformen basieren sollen.
Sprich: keine neue Produktionslinie, keine völlig neue Fahrzeugarchitektur, aber ein günstigerer Einstiegspreis. Wann genau und zu welchem Preis? Das bleibt offen.
Für die Strategie bedeutet das: Der Traum vom Billig-Tesla bleibt bestehen – aber nur als Variante des Bekannten, nicht als technisches Neuland.
Die Konkurrenz schläft nicht – vor allem nicht in China
Während Tesla die interne Kommunikation sortiert, prescht die Konkurrenz vor. BYD, der chinesische Branchenprimus, verkauft sein Einstiegsmodell „Seagull“ in China für unter 10.000 Dollar – und gewinnt auch in Europa rasant Marktanteile.
Im April 2025 überholte BYD Tesla erstmals bei den Verkaufszahlen auf dem europäischen Markt. Das einstige Tesla-Narrativ – Innovation, Geschwindigkeit, Preisführerschaft – droht zu bröckeln.
Gleichzeitig sanken Teslas weltweite Verkaufszahlen im ersten Quartal 2025 um 13 Prozent. Ein Warnsignal. Und ein Zeichen, dass die alte Strategie nicht mehr greift.
Was bleibt, ist ein Reputationsschaden
Es geht bei der Model-2-Debatte nicht nur um ein Auto. Es geht um Glaubwürdigkeit. Um Investor Relations. Um Marktkommunikation. Wer öffentlich dementiert, was intern längst beschlossen ist, riskiert mehr als kurzfristige Kursverluste. Er gefährdet das Vertrauen in die eigene Strategie – und letztlich auch in die Aktie.
Tesla steht an einem Wendepunkt. Und wer mitgestalten will, wohin es geht, muss Klartext sprechen. Alles andere ist ein Risiko – für Anleger, für Mitarbeiter und für die Marke selbst.
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