08. Juli, 2025

Börse

Delisting, Dividende, Dynamik – Warum Centrotec-Aktionäre plötzlich aufhorchen

Seit dem Rückzug von der Börse macht der Heizungs- und Beteiligungsspezialist Centrotec kaum noch Schlagzeilen. Dabei ist der Aktienkurs explodiert – zur Überraschung vieler. Was steckt hinter dem Comeback im Verborgenen?

Delisting, Dividende, Dynamik – Warum Centrotec-Aktionäre plötzlich aufhorchen
Guido Krass, Gründer und Verwaltungsratschef von Centrotec, hält über 85 Prozent der Anteile. Für einen Squeeze-Out fehlen ihm nur wenige Prozentpunkte – doch ob er ihn will, lässt er offen.

Ein Abendessen mit dem Eigentümer

Im Hotelrestaurant sitzen fünf Männer bei Bier und Pasta. Sie haben eines gemeinsam: Centrotec-Aktien im Depot. Am nächsten Tag ist Hauptversammlung. Dass sich plötzlich der Gründer des Unternehmens dazusetzt – unerwartet.

Guido Krass, Verwaltungsratschef und Mehrheitseigner, gibt Bier aus und redet Klartext. „Ich hab richtig Durscht“, sagt er zur Begrüßung.

Krass ist kein klassischer Konzernchef. Er fliegt selbst zum Treffen, isst mit Aktionären, spricht offen – und bleibt doch vage, wenn es um die großen Fragen geht. Will er die übrigen Aktionäre loswerden? Wird Centrotec ganz von der Börse verschwinden?

Quelle: Eulerpool

Der Rückzug als Wendepunkt

2021 ging Centrotec überraschend den Schritt vom regulierten Markt in den Freiverkehr – seitdem wird die Aktie nur noch in Hamburg gehandelt. Für viele klang das nach Rückzug. Tatsächlich aber stieg der Kurs. Deutlich. Aus dem Abfindungsangebot von damals – 15,03 Euro – wurden inzwischen über 60 Euro.

Im Hintergrund: Immobilien, Beteiligungen und ein Unternehmen, das seine Zahlen kleinredet. Der Bilanzwert stützt die Bewertung. Die Frage ist: Was plant Krass mit dem Restanteil von unter 15 Prozent, den er nicht kontrolliert?

Aktionärstreffen mit Brötchen statt Buffett

Die Hauptversammlung am Folgetag ist nüchtern. Kein Glanz, kein Glamour. Rund 20 Aktionäre, ein paar belegte Brötchen, Kaffee. Krass ist da. Locker, aber deutlich. Es gebe keine akuten Strukturmaßnahmen, sagt er. Aber das könne sich ändern. Typisch Krass: Andeutungen statt Klartext.

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Finanzvorstand Michael Beigler sagt erst Nein, dann Vielleicht. Ein Squeeze-Out? Nicht ausgeschlossen. Die Mehrheit hätte Krass fast. Aber eben nur fast. Er scheint in Wartestellung – und kauft weiter eigene Aktien zurück.

Delisting als Nische

Delisting-Aktien sind zur kleinen Spezialdisziplin geworden. Rocket Internet, Deag, USU – sie alle haben nach dem Rückzug vom regulierten Markt kräftig zugelegt.

Bei Centrotec war das nicht anders. Der Unterschied: Hier redet keiner groß darüber. Das Unternehmen liefert – in Form von Zahlen, Geschäftsberichten, jährlicher Hauptversammlung – aber es wirbt nicht.

Für Privatanleger mit Geduld ist das ein Vorteil. Große Fonds dürfen solche Aktien meist nicht mehr halten. Wer bleibt, sind Einzelkämpfer, die auf Wert setzen.

70 Euro? Reine Rechensache

Das Eigenkapital je Aktie liegt – grob gerechnet – bei rund 70 Euro. Darin enthalten: Immobilien, Produktionsbetriebe, ein großes Anlageportfolio. Allein die Ariston-Beteiligung, Ergebnis eines früheren Verkaufs der Wolf-Wärmesparte, dürfte derzeit rund 15 Euro pro Aktie wert sein.

Das operative Geschäft schwächelt. Der Umsatz wurde gesenkt, der Gewinn auch. Krass nennt das ehrlich. Andere nennen es Tiefstapelei. Denn je schwächer die operative Bewertung, desto niedriger das potenzielle Abfindungsniveau bei einem Squeeze-Out.

Nicht jeder will raus

„Die meisten hier warten doch nur auf die finale Abfindung“, meint Krass auf der HV. Doch das stimmt nicht ganz. Einige Aktionäre sind Überzeugungstäter. Einer investierte mehrere Millionen. Ein anderer hält seit 2007 – Einstiegskurs: 13,40 Euro. Kein Exit-Plan, sondern Überzeugung.

Die Runde am Vorabend war sich einig: Viele sind nur durch das Delisting auf Centrotec aufmerksam geworden. Und sie bleiben – trotz unsicherer Perspektive.

Ein Spiel mit offenem Ende

Krass spielt auf Zeit. Er hat die Mehrheit, er kauft Aktien zurück, er gibt sich unaufgeregt. Und doch schwebt über allem die Frage: Was passiert, wenn er die 90 Prozent erreicht? Kommt dann der Squeeze-Out?

Die Regeln wären dann strenger: Der Wert müsste anhand von Unternehmenskennzahlen bestimmt werden. Ein gerichtliches Spruchverfahren wäre möglich. Vielleicht will Krass genau das vermeiden – und spielt deshalb auf lange Sicht.

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