Die von der Bundesregierung geplante Einführung einer sogenannten "Aktivrente" hat in den vergangenen Wochen intensive und kontroverse Diskussionen zwischen Gewerkschaftsvertretern und Arbeitgeberverbänden ausgelöst. Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer des Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), äußerte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) deutliche Kritik an dem Vorhaben. Seinen Aussagen zufolge widerspricht das Konzept der "Aktivrente" sich selbst, indem es auf der einen Seite eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit fördern soll, während es auf der anderen Seite durch die Möglichkeit zur abschlagsfreien Frühverrentung einen gegensätzlichen Anreiz bietet. Dieser scheinbare Widerspruch mache die Regelung ineffektiv und belaste zusätzlich die Beitrags- und Steuerzahler finanziell.
Auch seitens des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) wurden erhebliche Bedenken geäußert. Anja Piel, Mitglied des Vorstands des DGB und Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund, hob hervor, dass die mit der Aktivrente verbundenen Ausgaben in Milliardenhöhe keine nachhaltige Lösung für die existierenden Herausforderungen darstellten. Sie betonte, dass die Ursachen dafür, warum viele Arbeitnehmer nach Erreichen des Rentenalters nicht weiter erwerbstätig bleiben, häufig gesundheitlicher Natur sind oder auf unzureichende Arbeitsbedingungen sowie die mangelnde Bereitschaft der Arbeitgeber, ältere Beschäftigte einzubinden, zurückzuführen sind.
Piel regte an, dass gezielte Maßnahmen ergriffen werden sollten, die allen Arbeitnehmern zugutekommen. Sie forderte insbesondere die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, um die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit bis ins Rentenalter zu erhalten, sowie die Schaffung altersgerechter Arbeitsplätze. Zudem müsse eine Lösung für Frauen, die unfreiwillig in Teilzeit beschäftigt sind, gefunden werden. Diese Ansätze, so Piel, könnten effektiv auf die Herausforderungen des demografischen Wandels reagieren.
Im Koalitionsvertrag der Regierung wird zudem vorgesehen, dass Rentner künftig bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen dürfen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) plant, diese Regelung bereits bis Anfang 2026 umzusetzen. Doch Studien des Instituts der deutschen Wirtschaft warnen vor erheblichen Steuerausfällen durch diese Regelung. Im Jahr 2023 waren etwa 600.000 Personen im Rentenalter beruflich tätig, und die sogenannten "Mitnahmeeffekte" könnten sich auf rund 2,8 Milliarden Euro summieren. Eine genauere Auseinandersetzung mit den finanziellen und sozialen Auswirkungen dieser Pläne ist daher dringend erforderlich, um eine ausgewogene und tragfähige Lösung für die Zukunft der Rentenpolitik zu finden.