Die Steuer-ID als digitaler Schlüssel
Elf Ziffern, eine eindeutige Zuordnung: Die Identifikationsnummer ist für viele Bürger als Steuer-ID bekannt. Darüber hinaus wird sie bereits für digitale Verwaltungsleistungen genutzt, etwa bei Kindergeldanträgen oder Unternehmensgründungen. Ihr Potenzial reicht jedoch deutlich weiter.
Sozialversicherungsträger sehen in der IDNr einen zentralen Hebel, um Prozesse vollständig digital abzuwickeln. Von der Anmeldung bis zur Leistungsprüfung könnten Daten automatisiert verarbeitet werden – ohne Medienbrüche und Mehrfacheingaben.

Sozialversicherungen fordern Rechtsänderung
Mehrere Institutionen, darunter die Bundesagentur für Arbeit, die Rentenversicherung und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, drängen auf eine Ausweitung der Nutzungsmöglichkeiten. Sie argumentieren, dass der gesetzliche Rahmen der Digitalisierung hinterherhinkt.
Nach geltendem Recht darf die Identifikationsnummer oft nur für einen einzelnen Verwaltungsvorgang genutzt werden und muss anschließend wieder gelöscht werden. Das zwingt Behörden dazu, Daten nachträglich zu bereinigen oder Dokumente zu schwärzen – ein erheblicher Mehraufwand.
Once-only-Prinzip bleibt Theorie
Eigentlich verfolgt der Bund mit der Verwaltungsmodernisierung das Once-only-Prinzip: Bürger sollen Daten nur einmal angeben müssen. In der Praxis scheitert das häufig an rechtlichen Beschränkungen.
Ein Beispiel aus der Unfallversicherung zeigt das Problem deutlich. Nach der Gewerbeanmeldung dürfen relevante Daten zwar kurzzeitig abgerufen, aber nicht dauerhaft weiterverwendet werden. Für Gründer ist das kaum nachvollziehbar, für Behörden ineffizient.
Datenschutz versus Effizienz
Ein zentraler Streitpunkt ist der Datenschutz. Kritiker einer erweiterten Nutzung warnen vor einem zu starken Eingriff in die Datensouveränität. Befürworter entgegnen, dass Datenschutz nicht als Blockadeinstrument missbraucht werden dürfe.
Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, bringt es auf den Punkt: Nicht die Menschen sollten von Behörde zu Behörde wandern, sondern die Daten. Transparenz sei dabei entscheidend.

Bundesregierung ohne klare Linie
Innerhalb der Bundesregierung gibt es bislang keine Einigung. Während das Digitalministerium eine spätere Evaluation des Identifikationsnummerngesetzes ankündigt, bleibt offen, ob der Anwendungsbereich tatsächlich ausgeweitet wird.
Auch die Bundesdatenschutzbeauftragte Louisa Specht-Riemenschneider sieht Chancen und Risiken. Der Ausbau des Once-only-Prinzips könne die Verwaltungsdigitalisierung voranbringen, erfordere aber klare Regeln und vollständige Nachvollziehbarkeit für Bürger.
Transparenz als möglicher Ausweg
Ein möglicher Kompromiss liegt im Datenschutzcockpit, das Bürgern Einblick in jede Datenübermittlung geben soll. So ließe sich Effizienz mit Kontrolle verbinden.
Ob die Identifikationsnummer vom begrenzten Hilfsmittel zum zentralen Digitalwerkzeug wird, entscheidet sich jedoch politisch. Bis dahin bleibt die deutsche Verwaltung digital ambitioniert – und praktisch ausgebremst.


