05. Juni, 2025

Märkte

Comeback aus der Nische – Kann die D328eco Deutschlands Luftfahrt retten?

Ein neues deutsches Passagierflugzeug soll den Regionalflugmarkt aufrollen. Doch reichen 34 Vorbestellungen und politische Euphorie für eine wirtschaftlich tragfähige Serienfertigung?

Comeback aus der Nische – Kann die D328eco Deutschlands Luftfahrt retten?
Die komplette Fertigung in Deutschland gilt als Prestige – doch bei Konkurrenz durch ATR und gebrauchte Regionaljets könnte genau das zum wirtschaftlichen Risiko werden.

Es ist ein seltener Moment für die deutsche Industrie: Am Flugplatz Oberpfaffenhofen hebt sich am Mittwochmittag der Vorhang für das erste Testmodell der D328eco.

Damit präsentiert sich erstmals seit mehr als zwei Jahrzehnten ein Passagierflugzeug, das vollständig in Deutschland konzipiert, entwickelt und montiert wird. Für Politiker wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ein "Meilenstein". Für Luftfahrtexperten ein Wagnis mit offenem Ausgang.

Renaissance eines Klassikers

Die D328eco ist die modernisierte Neuauflage des einst populären Dornier 328. Der Rumpf wurde um zwei Meter gestreckt, 40 Sitzplätze sollen Platz finden. Pratt-&-Whitney-Triebwerke sollen für bessere Effizienz sorgen.

Die Strategie der Deutschen Aircraft: statt Neuentwicklung lieber auf Bewährtes setzen – und dadurch Kosten und Zertifizierungsaufwand senken.

Der Preis für das Vorhaben: rund 500 Millionen Euro. 125 Millionen steuert der Bund über die KfW bei. Der Rest kommt vom US-Rüstungskonzern Sierra Nevada Corporation. Dieser hatte sich 2015 nicht nur das Servicegeschäft, sondern auch die Musterzulassung für die Dornier 328 gesichert.

Ein Werk in Leipzig, Euphorie in Bayern

Ironischerweise entsteht das neue Werk nicht in Bayern, sondern am Flughafen Leipzig/Halle. Dort begann im April der Bau der Fertigungshalle. Der geplante Produktionsstart: Ende 2025. 48 Maschinen pro Jahr sollen langfristig vom Band laufen.

Dass das Projekt trotz des gescheiterten Lilium-Ventures nun als Prestigevorhaben für Bayern verkauft wird, ist politisch klug, aber faktisch fragwürdig. Die Hightech-Agenda mit sechs Milliarden Euro Investitionen für Luft- und Raumfahrt schafft zwar Rahmenbedingungen, doch entscheidend ist die Nachfrage.

Obwohl die D328eco als deutsches Prestigeprojekt gilt, stammt ein Großteil der Finanzierung vom US-Rüstungskonzern Sierra Nevada Corporation – eine strategische Abhängigkeit mit Beigeschmack.

Nur 34 Absichtserklärungen

Und hier liegt das Problem: Von festen Bestellungen keine Spur. Lediglich fünf Maschinen hat die Charter-Airline Private Wings 2023 unverbindlich in Aussicht gestellt. Insgesamt liegen laut Unternehmensangaben 34 Absichtserklärungen vor. Der große Ankerkunde fehlt. Und genau dieser ist für die Serienreife unerlässlich.

Nischenstrategie statt europäischem Linienverkehr

Die Deutsche Aircraft sieht den Einsatz der D328eco vor allem in außergewöhnlichen Regionen: Kanada, Afrika, Skandinavien, Südostasien. Dort, wo Strecken zu kurz oder Passagierzahlen zu gering sind, um Jets wirtschaftlich einzusetzen. Zudem soll das Flugzeug flexibel einsetzbar sein – als Frachter, für Rettungsflüge oder sogar militärische Zwecke.

Luftfahrtexperte Gerald Wissel bleibt skeptisch: "Das Flugzeug eignet sich für sehr kurze Strecken. Doch genau diese geben europäische Airlines auf, weil sie auf die Bahn setzen."

Harter Wettbewerb, hohe Löhne

Mit ATR dominiert ein etablierter Player den Markt der Turboprops. Saab und Bombardier sind ausgestiegen. Die D328eco ist kleiner als die ATR-Modelle – ein Vorteil in Nischen, aber ein Nachteil bei Skaleneffekten. Zudem wird die Maschine in Deutschland gebaut, einem Hochlohnland. Das wirkt sich auf die Preisgestaltung aus.

Hinzu kommt: Airlines kalkulieren streng. Zusätzliche Flugzeugtypen bedeuten zusätzliche Kosten für Piloten, Ersatzteile und Wartung. Viele Entscheider warten daher lieber ab, ob sich das Muster am Markt überhaupt behauptet.

Prestigeprojekt mit vielen Fragezeichen

Die D328eco ist ein ambitioniertes Symbol für ein Land, das sich nach industrieller Exzellenz sehnt. Doch ohne große Abnehmer und konkrete Bestellungen bleibt das Projekt ein Wagnis.

Die Luftfahrt lebt nicht von politischen Botschaften, sondern von klarer Nachfrage. Bleibt diese aus, dürfte auch die D328eco schneller wieder verschwinden, als sie abheben konnte.