Industrie und Dienstleistungen rutschen gemeinsam ab
Der amtliche Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe steigt zwar minimal auf 49,2 Punkte, bleibt jedoch den achten Monat in Folge im Schrumpfungsbereich. Noch schwerer wiegt, dass nun auch der Dienstleistungs- und Bausektor die Expansionsmarke unterschreitet. Mit 49,5 Punkten fällt der entsprechende PMI erstmals seit Ende 2022 wieder in den negativen Bereich.
Damit zeigt sich ein Muster, das Peking seit Monaten begleitet: Eine Erholung nach den pandemiebedingten Einbrüchen bleibt aus, während globale Nachfrageflaute und geopolitischer Druck die Industrie zusätzlich belasten. Selbst robuste Teilbranchen verlieren an Dynamik, die Exportaufträge stagnieren, und der heimische Konsum bleibt verhalten.
Die Regierung steht zwischen strukturellem Umbau und Stimulus
Für die chinesische Wirtschaftspolitik ergibt sich daraus ein doppeltes Dilemma. Ohne Reformen lässt sich das über Jahre gewachsene Ungleichgewicht zwischen Investitionen und Konsum kaum korrigieren. Doch neue Stimulusprogramme wirken in einem Umfeld aus Überschuldung, lahmendem Immobiliensektor und wachsenden Haushaltsrisiken zunehmend weniger.

Die Regierung hält dennoch am Wachstumsziel von fünf Prozent fest – ein Ziel, das zunehmend durch kurzfristige Maßnahmen gestützt wird. Erst zuletzt legte Peking ein weiteres Konsumpaket vor. Doch der Effekt bleibt begrenzt, solange die Belastung durch die Immobilienkrise den Vermögenshaushalt vieler Bürger drückt und Kommunen kaum fiskalischen Spielraum besitzen.
Die Immobilienkrise bleibt das zentrale Wachstumsrisiko
Ökonomen verweisen seit Langem auf eine Ursache, die sich durch alle Indikatoren zieht: der Einbruch des Immobilienmarktes. Der Sektor steht für rund ein Viertel des chinesischen BIP, und seine Schwäche wirkt direkt auf Investitionen, Einkommen und Konsum. Solange Preise fallen und viele Projekte unvollendet sind, bleibt die Kauflaune gedämpft.
Der Shanghaier Wirtschaftswissenschaftler Zhu Tian betrachtet den Immobiliensektor inzwischen als Kernblockade der Konjunktur. In seinen Berechnungen sorgt der Vertrauensverlust am Wohnungsmarkt für die hartnäckige Konsumschwäche – und damit für das ausbleibende Wachstum. Ohne einen starken Impuls werde sich das Muster nicht lösen.
Ein radikaler Konsumimpuls steht im Raum
Zhu schlägt eine ungewöhnlich direkte Maßnahme vor: Konsumgutscheine von 3000 Yuan pro Person, ausgegeben einmalig im ganzen Land. Rund 370 Euro pro Kopf – ein Volumen, das bisherige Programme kleiner Provinzen oder Städte weit übersteigt.
Die Rechnung des Professors fällt klar aus. Selbst wenn lediglich die Hälfte der Gutscheine tatsächlich ausgegeben würde, ergäbe sich ein zusätzlicher Konsum von zwei Billionen Yuan. In seinen Modellen entspricht dies einem Wachstumsimpuls von rund 1,5 Prozentpunkten. Die bisherigen Programme verpufften dagegen, weil ihr Umfang zu gering sei, um makroökonomisch wirksam zu werden.
Der Vorschlag trifft den Nerv der Debatte: Wie lässt sich eine Wirtschaft stabilisieren, deren strukturelle Schwächen tiefer reichen als kurzfristige Konjunkturdaten – und deren politischer Spielraum durch Verschuldung, Immobilienrisiken und geopolitische Spannungen enger wird?
China sucht weiter nach einer Antwort. Der November zeigt, wie dringend sie gebraucht wird.


