Wenn Macht mit Metallen beginnt
China hat verstanden, dass Macht nicht nur mit Panzern, sondern mit Metallen gemacht wird. Mit 90 Prozent Marktanteil bei Seltenen Erden kontrolliert das Land die Grundlage moderner Technologie – von Elektroautos über Smartphones bis hin zu Präzisionsraketen. Jetzt nutzt Peking diese Dominanz offen als Druckmittel: Wer an Chinas Wohlwollen zweifelt, dem droht der Nachschub zu versiegen.
Was auf den ersten Blick wie eine bürokratische Maßnahme aussieht – die Einführung neuer Exportlizenzen – ist in Wahrheit eine Machtdemonstration mit chirurgischer Präzision. Kein vollständiges Embargo, aber genug, um Europa und die USA nervös zu machen.
Europas Ohnmacht – hausgemacht
Die Demütigung für den Westen liegt nicht nur in der chinesischen Geste, sondern in der Erkenntnis, dass er selbst diese Abhängigkeit geschaffen hat. In den 1970er-Jahren verlagerte die westliche Industrie den Abbau und die Verarbeitung nach China – aus Kostengründen und wegen der Umweltbelastung.
Heute bezahlt Europa den Preis dieser Bequemlichkeit. Ohne die seltenen Metalle aus der Inneren Mongolei steht die Transformation zur grünen Wirtschaft still. Elektroautos, Windkraftanlagen, Rüstung – fast jede Zukunftsbranche hängt am Tropf Pekings.
Ein riskantes Spiel mit wechselseitiger Verwundbarkeit
In den Niederlanden reagierte die Regierung prompt: Der Verkauf weiterer Anteile des Chipherstellers Nexperia (nicht „Nexteria“) an chinesische Eigentümer soll verhindert werden. Doch solche Maßnahmen wirken wie symbolische Abwehrreflexe. Europa versucht, Autarkie zu simulieren – während China längst über Jahrzehnte strategische Kontrolle aufgebaut hat.
Strafzölle, Gegenmaßnahmen, Importbeschränkungen – all das klingt nach Entschlossenheit, ist aber ökonomisch ein Spiel, in dem keiner gewinnen kann. Schon jetzt warnen deutsche Autohersteller vor Vergeltungsmaßnahmen, sollten EU-Zölle gegen chinesische Elektroautos umgesetzt werden. Es wäre ein Lose-Lose-Game, das Europa teurer zu stehen kommt als Peking.
Die umweltpolitische Heuchelei
Eine eigene europäische Industrie für Seltene Erden aufzubauen, klingt nach Lösung – ist aber in der Praxis kaum realistisch. Die Verarbeitung ist energieintensiv, hochgiftig und ökologisch verheerend. Das erklärt, warum die westlichen Staaten die Förderung einst ausgelagert haben. Ironischerweise kämpft die EU nun gegen die Folgen ihrer eigenen Umweltmoral.
Während Peking die schmutzige Seite des Fortschritts akzeptierte und technologische Kontrolle gewann, setzte Europa auf Sauberkeit – und verlor Souveränität.
Das Ende der Bequemlichkeit
Noch gibt sich China moderat: Es handle sich nur um „Lizenzen, nicht um ein Embargo“. Doch jedes Mal, wenn Peking den Hebel ansetzt, wird die westliche Abhängigkeit sichtbarer. Die politische Botschaft ist klar: Wer über China redet, redet über Macht – nicht über Handel.
Für Europa beginnt damit eine unbequeme Phase der Selbstreflexion. Entweder es gelingt, innerhalb der nächsten Jahre Alternativen zu schaffen – in Afrika, Australien oder Skandinavien – oder man bleibt dauerhaft erpressbar.
Freiheit, das zeigt sich, kostet mehr als CO₂-Neutralität und Klimaziele. Sie kostet strategischen Mut, industrielle Rückkehr und den Willen, unbequeme Realitäten auszuhalten.
