06. Juni, 2025

Wirtschaft

Chinas neuer Machtfaktor in Südamerika – Der Hafen von Chancay

Peking investiert 3,6 Milliarden Dollar in ein Megaprojekt an Perus Küste – und rüttelt damit an alten Handelsachsen zwischen Südamerika, den USA und Asien.

Chinas neuer Machtfaktor in Südamerika – Der Hafen von Chancay
Mit dem Hafen Chancay verkürzt Peking die Schifffahrtsroute nach Südamerika um bis zu 10.000 Kilometer – ein geopolitischer Coup abseits des US-kontrollierten Panamakanals.

Ein Kontinent im Umbau

Der 1. Juni 2025 markiert einen geopolitischen Wendepunkt im südamerikanischen Handelsgefüge. Mit der offiziellen Inbetriebnahme des Tiefseehafens Chancay, rund 80 Kilometer nördlich von Lima gelegen, beginnt für die Volksrepublik China ein neues Kapitel in ihrer Seidenstraßen-Initiative. 3,6 Milliarden US-Dollar hat der staatlich kontrollierte Konzern Cosco Shipping in das Projekt investiert.

Das Ziel: eine direkte maritime Verbindung von Südamerika nach Asien – unter chinesischer Kontrolle und fernab amerikanischer Einflusszonen wie dem Panamakanal.

22.000 TEU unter chinesischer Flagge

Mit einer Kapazität für Containerschiffe von bis zu 22.000 TEU ist Chancay nicht nur der erste Tiefseehafen dieser Größenordnung an der Pazifikküste Südamerikas.

Er ist auch Symbol für Chinas langfristige Strategie: Der Bau einer alternativen Handelsroute quer durch den Kontinent – mit der Vision einer transkontinentalen Eisenbahnlinie von der Atlantikküste Brasiliens über den Amazonas bis zum Hafen von Chancay. Kostenpunkt: mindestens 1,3 Milliarden Dollar, die ebenfalls von China getragen werden sollen.

Zehn Tage schneller nach Shanghai

Laut peruanischer Medien entfallen mit Chancay künftig Zwischenstopps in Long Beach (USA) oder Manzanillo (Mexiko), die Transitzeit nach Asien verkürzt sich um bis zu zehn Tage.

Der von Cosco finanzierte Tiefseehafen in Peru bietet Platz für Containerriesen mit bis zu 22.000 TEU – und öffnet China direkten Zugang zu Brasiliens Agrar-Schätzen.

Der Effekt: Warenströme – insbesondere Soja, Kupfer und Eisenerz aus Brasilien – könnten künftig verstärkt gen Osten fließen, ohne US-Territorium zu berühren. Für China bedeutet das: größere Resilienz der eigenen Lieferketten. Für die USA: wachsender Kontrollverlust über den pazifischen Handel in Lateinamerika.

Zwischen Machtprojektion und Infrastrukturwende

Was wie ein reines Logistikprojekt klingt, ist in Wahrheit ein machtpolitisches Statement. Die Rolle des überlasteten brasilianischen Hafens Santos wird geschwächt, der Panamakanal als Knotenpunkt umgangen.

Dass US-Präsident Donald Trump die Kontrolle über den Panamakanal in der Vergangenheit offen als Ziel formulierte, unterstreicht, wie sensibel dieses Terrain geopolitisch inzwischen geworden ist. Die Chinesen sind nun einen entscheidenden Schritt voraus.

Brasiliens Kurswechsel Richtung Peking

Während Europa über Umweltschutz diskutiert, liefert China: Geld, Häfen, Infrastruktur. Und stellt keine Fragen. Brasiliens Präsident Lula da Silva hat das erkannt und rühmt Chinas Investitionspolitik öffentlich.

Mit einem Handelsvolumen von rund 160 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 ist China Brasiliens wichtigster Handelspartner – weit vor den USA.

Kein Wunder, dass Außenminister Mauro Vieira zuletzt klarmachte, Brasilien verfolge keine "bedingungslosen Allianzen" mehr. Entscheidend sei allein das nationale Interesse.

Zwischen Shein, Soja und Seidenstraße

Doch der neue Hafen ruft auch kritische Stimmen auf den Plan. Experten warnen vor einer verstärkten Welle chinesischer Billigimporte – etwa über Plattformen wie Temu, Shein oder AliExpress –, die lokale Anbieter unter Druck setzen könnten.

Die südamerikanische E-Commerce-Plattform Mercado Libre, eine Art Amazon des Kontinents, könnte besonders betroffen sein.

Gleichzeitig droht durch die neue Handelsroute ein Aushebeln regulatorischer Hürden, was insbesondere in ökologisch sensiblen Regionen wie dem Amazonas massive Auswirkungen haben könnte.

Indigene Interessen, globale Realitäten

Die geplante Eisenbahntrasse soll durch Gebiete verlaufen, die von indigenen Gruppen bewohnt werden. Zwar betonen offizielle Stellen, diese einzubeziehen – doch wie ernst diese Bekundungen gemeint sind, bleibt unklar.

Was sicher ist: China geht seinen Weg, mit oder ohne Zustimmung westlicher Staaten. Peru, Brasilien und Kolumbien – das jüngst ebenfalls dem Seidenstraßenprojekt beitreten will – scheinen sich längst auf das neue Machtgefüge einzustellen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Zwei Tage mit Christian Bischoff in Basel
1.200 Menschen, ein Saal, eine Botschaft: Du bist Schöpfer deiner Realität. Was der Motivationsexperte in seinem „Create Your Own Reality“-Seminar wirklich vermittelt – ein Erfahrungsbericht aus dem Congress Center Basel.