Als am 27. Mai in Shanghai eine 38-Millionen-Dollar-Villa unter den Hammer kam, war das mehr als nur eine Schlagzeile für den Immobilienmarkt. Es war ein Signal.
Nach Jahren der Pleiten, der Bauruinen und der dramatischen Kursverluste in Chinas Bauwirtschaft scheint sich zum ersten Mal seit langem eine Wende abzuzeichnen.
Ein Albtraum, der 2020 begann
Chinas Immobilienkrise war keine Randnotiz – sie war ein wirtschaftliches Erdbeben. Immobilien machten vor dem Crash rund ein Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung der Volksrepublik aus.
Millionen Wohnungen wurden gebaut, Millionen blieben leer. Die Politik in Peking hatte 2020 begonnen, dem spekulativen Treiben der Baukonzerne durch strenge Kreditregeln Einhalt zu gebieten.
Was folgte, war ein Dominoeffekt: Evergrande, Country Garden und Hunderte weitere Bauträger stürzten in die Zahlungsunfähigkeit.
Der Absturz traf nicht nur Konzerne, sondern auch Privatleute mit voller Wucht. Immobilien galten in China traditionell als der wichtigste Vermögensspeicher.
Noch 2021 lag der Anteil von Immobilien am Haushaltsvermögen bei 80 Prozent. Mittlerweile ist er auf etwa 70 Prozent geschrumpft. Der Konsum brach ein, das Vertrauen in den Markt ebenso.
Die Trendwende: zögerlich, aber spürbar
Nun aber scheint sich der Markt zumindest in den großen Metropolen langsam zu stabilisieren. Besonders die vier Millionenstädte Peking, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen melden sinkende Überhänge.
Laut Datenanbieter CRIC hat sich der Verkaufsüberhang dort auf rund 12,5 Monate reduziert – ein deutlicher Rückgang von den fast 20 Monaten noch Mitte 2024. Zum Vergleich: In den Jahren vor der Krise lag der Durchschnitt landesweit bei rund zehn Monaten.
Shanghai ist inzwischen sogar wieder ein Wachstumstreiber: Von Februar bis April stiegen die Transaktionen erstmals wieder im Vergleich zum Vorjahr. Während Durchschnittswohnungen nur moderat teurer werden, schnellen die Preise für Luxusimmobilien besonders stark nach oben.

Immobilienmaklerin Ms. Fang spricht von einer wachsenden Nachfrage nach exklusiven Objekten – die 38-Millionen-Dollar-Villa wurde in Rekordzeit verkauft.
Pekings neue Eingriffe
Die Politik hat ihren Kurs inzwischen angepasst. Lokale Regierungen kaufen nun systematisch brachliegende Flächen und fertiggestellte, aber unverkaufte Wohnungen auf. Finanzhilfen und Subventionen sollen den Markt weiter stabilisieren.
Gleichzeitig setzt Peking auf niedrigere Zinsen: Im Mai senkte die Zentralbank erneut den Leitzins, was die Hypothekenbelastung für Käufer spürbar reduziert.
Ein zusätzliches Konjunkturpaket verspricht die geplante Sanierung von maroden Stadtteilen, die neue Nachfrage nach rund einer Million Wohnungen schaffen könnte. Die Behörden in Peking wirken entschlossen, einen zweiten Flächenbrand zu verhindern.
Die Kehrseite: Provinzstädte bleiben Problemzonen
Während in den Metropolen Optimismus herrscht, bleibt die Lage in den kleineren Städten angespannt. In vielen sogenannten Tier-3- und Tier-4-Städten übersteigt das Angebot die Nachfrage bei weitem.
Analysten von S&P gehen davon aus, dass die Preise dort auch 2025 weiter um bis zu 4 Prozent sinken könnten. In Wenzhou etwa berichten Anwohner von Preisnachlässen von 50 Prozent auf Neubauten – offiziell tauchen solche Rabatte oft gar nicht in der Statistik auf.
Hinzu kommt der schwelende Handelskonflikt mit den USA, der gerade in exportstarken Regionen das Vertrauen der Konsumenten weiter drückt. Restaurantbesitzer Zhou in Wenzhou bringt es auf den Punkt:
„Die Preise sinken, weil die Fabriken kaum noch Aufträge bekommen. Trumps Handelspolitik trifft uns direkt.“
Das strukturelle Risiko bleibt
Trotz aller Hoffnungssignale bleibt Chinas Immobilienmarkt anfällig. Analysten wie Larry Hu von Macquarie warnen: Ohne weiteres staatliches Eingreifen wird es kaum eine echte Erholung geben.
Denn viele strukturelle Schwächen sind ungelöst: Millionen nicht verkaufte Wohnungen, massive Unternehmensschulden und eine weiterhin fragile Konsumentenstimmung.
Zudem ist der chinesische Immobilienmarkt längst kein reines Wirtschaftsproblem mehr – er ist politisch aufgeladen. Die Kommunistische Partei weiß: Ein stabiler Häusermarkt sichert auch ihre eigene Machtbasis. Deshalb dürfte Peking weiterhin bereit sein, notfalls massiv einzugreifen.
Ein Comeback mit Fragezeichen
Dass die 38-Millionen-Dollar-Villa in Shanghai Käufer gefunden hat, ist ein starkes Symbol. Für einen echten und nachhaltigen Aufschwung aber braucht China mehr als spektakuläre Luxusverkäufe.
Die Millionen unverkauften Wohnungen in den Provinzstädten, die hohe Verschuldung der Bauwirtschaft und das angeschlagene Vertrauen der Verbraucher bleiben gewaltige Baustellen. Noch ist der Albtraum nicht vorbei – aber der schlimmste Schock scheint zumindest vorerst überwunden.
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