Die Zolllücke als Geschäftsmodell
Die Zahlen sprechen für sich – und gegen Brüssel: Während chinesische Hersteller seit Herbst 2024 bis zu 45 % Zoll auf rein elektrische Autos zahlen, bleiben Plug-in-Hybride außen vor. BYD, MG und Geely haben das längst als Marktlücke erkannt – und als strategische Waffe.
Seit Januar explodieren die Zulassungszahlen für Plug-ins: BYD allein legte um über 17.000 % zu. Möglich macht das ein rechtliches Schlupfloch – und eine EU-Kommission, die bislang nicht handelt.
Die Folge: Kampfpreise, wachsende Marktanteile – und eine gefährliche Verzerrung des Wettbewerbs, die die deutsche Autoindustrie mitten in ihrer Transformationskrise trifft.
Preisbrecher auf dem Vormarsch
Der „MG HS“ kostet ab 28.000 Euro – fast 12.000 Euro weniger als der vergleichbare VW Tiguan Plug-in-Hybrid. Solche Preisunterschiede sind nicht durch Effizienz oder Innovation erklärbar, sondern durch Politik: Während deutsche Hersteller mit hohen Lohnkosten und Umweltauflagen kalkulieren müssen, profitieren chinesische Autobauer von staatlichen Subventionen und günstiger Fertigung – und können dank Plug-in-Schlupfloch den EU-Zoll umgehen.
Dass MG, eine Marke im Besitz des chinesischen Staatskonzerns SAIC, mit diesen Kampfpreisen punktet, ist kein Zufall. Es ist Strategie – eine, die in Europa gerade aufgeht.
Die EU sieht das Problem – und bleibt untätig
Brüssel weiß längst, was passiert. Doch während für Elektroautos nach einem monatelangen Antisubventionsverfahren Zölle verhängt wurden, fehlt bei Plug-in-Hybriden bislang jeder Schritt. Die Begründung: Ein weiteres Verfahren wäre nötig – und der politische Wille dafür scheint zu fehlen.

Stattdessen setzt die Kommission auf „Verhandlungslösungen“. Doch was das konkret heißt, bleibt offen. Von der Leyens Vorschlag: Mindestpreise und die Zusage, dass chinesische Hersteller komplette Produktionsstätten in Europa errichten.
Das klingt gut – hat aber einen Haken: Solange nichts beschlossen ist, bleibt das Geschäft mit Plug-ins hochlukrativ. Und jeder Monat ohne Regulierung verschärft die Lage für europäische Wettbewerber.
Eine Strategie mit doppeltem Boden
Was chinesische Hersteller tun, ist nicht nur klug – es ist kalkuliert. Autoexpertin Beatrix Keim warnt bereits vor einer „Plug-in-Preisschlacht“. Der Zweck: Marktanteile aufbauen, Marken bekannt machen, Fuß in der Tür. Und dann? Wenn die europäischen Verbraucher erst einmal MG, BYD & Co. kennen, lässt sich leichter auf vollelektrische Modelle umsteigen – auch mit höheren Preisen.
So wird der Plug-in-Markt zum Trockenübungsfeld für das eigentliche Ziel: den europäischen E-Auto-Markt zu erobern – und ihn dauerhaft zu dominieren.
Die deutschen Hersteller im Abwehrmodus
Für Volkswagen, Mercedes und BMW kommt die Entwicklung zur Unzeit. Der Transformationsdruck ist enorm, die Margen bei elektrischen Modellen schrumpfen, die Investitionen steigen. Und nun das: Ein staatlich subventionierter Angriff über die Hintertür – mit Fahrzeugen, die in Europa keine Strafzölle zahlen, aber mit vollem Wettbewerbsvorteil auftreten.
Während VW in Wolfsburg ein E-Auto für 25.000 Euro erst 2027 liefern kann, verkauft MG schon heute Plug-ins für unter 30.000 Euro – mit deutlich geringeren Kosten und deutlich weniger Regulierung.
Der politische Druck wächst – aber reicht er?
Einzelne EU-Parlamentarier fordern inzwischen Konsequenzen. Grünen-Abgeordneter Michael Bloss verlangt, die Zölle auf Plug-in-Hybride auszuweiten. Doch ob das politische Momentum dafür ausreicht, ist unklar. Die EU-Kommission setzt auf Deeskalation, nicht auf Eskalation – obwohl der wirtschaftliche Schaden bereits konkret ist.
Die Realität: China ist der EU längst mehrere Züge voraus – wirtschaftlich wie strategisch. Die Reaktion aus Brüssel wirkt dagegen wie aus einem anderen Jahrzehnt: langsam, abwartend, konfliktvermeidend. In einem globalen Machtspiel um Technologieführerschaft und Marktanteile ist das zu wenig.
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