Der chinesische Batteriehersteller Contemporary Amperex Technology Co. Limited (CATL) sammelt bei seiner Zweitnotierung in Hongkong Milliarden ein – und setzt damit ein Zeichen inmitten geopolitischer Spannungen, rückläufiger E-Auto-Absätze und sinkender Margen in der Branche. Doch der Rekord-IPO wirft auch Fragen auf.
Ein IPO gegen die Uhr
CATL hat geliefert – zumindest an der Börse. Mit einem Emissionserlös von 4,6 Milliarden US-Dollar beim Listing in Hongkong gelingt dem chinesischen Batterieriesen das bislang größte Börsendebüt des Jahres.

Das Interesse war groß, der Ausgabepreis mit 263 Hongkong-Dollar pro Aktie am oberen Ende der Preisspanne angesetzt – ein Hinweis auf die weiterhin starke Zugkraft des Unternehmens bei institutionellen Investoren.
Sollte zusätzlich die Greenshoe-Option über weitere 17,7 Millionen Aktien gezogen werden, könnte das Emissionsvolumen sogar auf 5,3 Milliarden Dollar steigen.
Damit würde CATL nicht nur Mideas Vorjahresrekord von 4,6 Milliarden Dollar übertreffen, sondern sich auch in die Nähe des legendären Börsengangs von Kuaishou 2021 schieben – ein bemerkenswertes Comeback angesichts der derzeitigen Flaute an den asiatischen Kapitalmärkten.
Ein globaler Platzhirsch – mit chinesischem Korsett
CATL ist mehr als ein weiteres chinesisches Industrieunternehmen. Der Konzern ist Weltmarktführer für Lithium-Ionen-Batterien – mit Kunden wie Tesla, BMW, Mercedes-Benz und Ford.
Rund 37 Prozent Marktanteil weltweit, ein massives Produktionsnetzwerk von Ningde bis Thüringen und ehrgeizige Pläne in Südostasien und Mexiko machen CATL zu einem Schlüsselspieler der globalen Energiewende.
Doch der Erfolg hat seinen Preis: Der Konzern steht zunehmend im geopolitischen Kreuzfeuer. In den USA läuft eine breite Debatte über mögliche Abhängigkeiten von chinesischer Batterietechnologie, in Europa wächst die Sorge vor Marktverzerrungen durch staatlich subventionierte Wettbewerber.
In Brüssel prüft die EU-Kommission bereits Importstrukturen chinesischer E-Autos – CATL als deren Herzstück ist indirekt immer mitgemeint.
Die Zweitnotierung in Hongkong ist daher auch ein Signal: CATL richtet sich stärker auf asiatische Kapitalströme aus, entkoppelt sich ein Stück weit vom westlichen Finanzsystem, wo chinesische Konzerne immer häufiger auf regulatorische und politische Widerstände stoßen.
Solide Zahlen – und ein Fragezeichen
In puncto Finanzkennzahlen überzeugt CATL weiterhin: Für das Geschäftsjahr 2024 meldete der Konzern einen Umsatz von rund 480 Milliarden Yuan (etwa 66 Milliarden Euro) – ein Plus gegenüber dem Vorjahr. Der Gewinn lag bei über 10 Milliarden Euro, trotz gestiegener Rohstoffkosten und eines Preisverfalls bei Batteriezellen.

Doch die Margen sinken. Der globale Preisdruck ist enorm. Auch weil CATL selbst mit seinen günstigen LFP-Zellen den Wettbewerb unter Druck setzt. Gleichzeitig hat der E-Auto-Boom vor allem in Europa und den USA zuletzt an Tempo verloren. Weniger Nachfrage, mehr Konkurrenz, niedrigere Preise – das ist die Gleichung, der sich auch Marktführer nicht entziehen können.
Ob der Börsengang in dieser Phase wirklich ein Zeichen von Stärke ist – oder eher eine Liquiditätsmaßnahme, um Kapital für weitere Investitionen und mögliche Krisen aufzubauen –, bleibt offen.
In jedem Fall dürfte CATL das Geld gut gebrauchen: Der Aufbau neuer Gigafactories in China, Indonesien, Ungarn und Mexiko verschlingt Milliardenbeträge.
Ein politischer Balanceakt
Mit dem Schritt an die Hongkonger Börse spielt CATL ein fein austariertes Spiel. Das Unternehmen bleibt mit seiner Erstnotiz in Shenzhen fest im chinesischen Finanzsystem verankert, öffnet sich aber zugleich internationalem Kapital.
Der Schritt kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Pekings Einfluss auf Technologieunternehmen wächst, während ausländische Investoren zögern, in chinesische Titel zu investieren – zu hoch erscheint vielen das politische Risiko.
Doch CATL profitiert von einer Sonderrolle. Als Lieferant für die globale Autoindustrie bleibt das Unternehmen international akzeptiert, auch wenn sich das politische Umfeld eintrübt. Die Notierung in Hongkong ist somit auch eine Versicherung gegen ein mögliches Abkoppeln Chinas vom westlichen Kapitalmarkt.
Nächste Schritte: Innovation und Expansion
Trotz geopolitischer Reibung bleibt die Innovationskraft von CATL unbestritten. Der Konzern forscht an Feststoffbatterien, Natrium-Ionen-Zellen und neuen Zellchemien für stationäre Speicherlösungen. Auch im Bereich "Vehicle-to-Grid"-Technologie und Hochleistungszellen für Luftfahrt und LKW setzt CATL eigene Akzente. Das IPO-Kapital dürfte genau in diese Projekte fließen.
Zudem verfolgt CATL eine klare Internationalisierungsstrategie: In Deutschland laufen bereits erste Produktionen im Werk Arnstadt, in Ungarn entsteht die größte Batteriefabrik Europas. Parallel bereitet CATL den Eintritt in den mexikanischen Markt vor – strategisch interessant, da Mexiko Teil des USMCA-Raums ist und so Handelsvorteile mit den USA bietet.
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