Die Märkte schwanken – und das ist ihr Geschäft
Wenn Kurse durch die Decke oder in den Keller rauschen, ist das für viele Anleger vor allem eins: belastend. Für eine ganz bestimmte Branche aber ist das die beste Nachricht seit Langem.
Denn wenn Panik ausbricht, schlägt ihre Stunde. Die Rede ist von den Börsenbetreibern. Sie verdienen, wenn andere nervös werden – und liefern gerade eindrucksvoll ab.
Deutsche Börse: Gewinner im Land der Aktienmuffel
Es ist kein Zufall, dass die Deutsche Börse AG in ihrer Quartalsmeldung vorsichtig anmerkt, man könne die Jahresprognose „bei anhaltender Marktvolatilität“ nach oben korrigieren.
Im März lag das Handelsvolumen bei satten 206 Milliarden Euro – ein Sprung von fast 70 % gegenüber dem Vorjahr. Die Aktie hat allein in den letzten zwölf Monaten über 50 % zugelegt. Zum Vergleich: Der DAX brachte es in derselben Zeit auf 25 %, der MSCI World auf magere 4 %.
Die InvestmentWeek sieht in der Deutschen Börse ein robustes, gut diversifiziertes Geschäftsmodell: Neben dem Wertpapierhandel über Xetra und den Terminmärkten (Eurex) generiert das Unternehmen auch Einnahmen über das Clearing (Clearstream), die Indexverwaltung (u. a. DAX) und Datenservices.
Hinzu kommt: Die Deutsche Börse ist mit ihrer konservativen Bilanzstruktur und kontinuierlichen Dividenden ein klassischer Qualitätswert – auch für defensive Anleger geeignet.
LSEG: Datenmonopolist mit Börsenlizenz
Auch die London Stock Exchange Group (LSEG) brilliert – mit einer anderen Strategie. LSEG ist längst mehr als nur Handelsplattform. Über die Tochter Refinitiv kontrolliert das Unternehmen einen erheblichen Teil der weltweiten Finanzdateninfrastruktur.
Dazu kommen die bekannten Indizes wie FTSE und Russell. Die Aktie legte binnen eines Jahres rund 33 % zu. Die InvestmentWeek sieht weiteres Kurspotenzial, auch wenn der Titel zuletzt gut gelaufen ist. Grund: Das Daten- und Indexgeschäft bietet planbare, wiederkehrende Einnahmen mit hohen Margen – ein seltener Luxus in der Finanzwelt.
Euronext: Europas heimlicher Börsenriese
In Deutschland kaum beachtet, aber international ein Schwergewicht: Die paneuropäische Euronext betreibt Handelsplätze in Paris, Amsterdam, Brüssel, Dublin, Lissabon, Mailand und Oslo – und ist gemessen an der Marktkapitalisierung gehandelter Wertpapiere größer als die Deutsche Börse.
Die Aktie hat in den vergangenen drei Monaten satte 30 % zugelegt – das ist europäische Spitze.

Die InvestmentWeek sieht in Euronext einen klassischen Profiteur des ETF- und Derivatebooms. Besonders interessant: Während politische Debatten über Kapitalmarkt-Altersvorsorge noch laufen, handeln viele Sparer längst – und das spielt Börsenbetreibern direkt in die Karten.
CME Group: Der König der Derivate
Wer glaubt, dass man an Termingeschäften nur als Spekulant Geld verdient, irrt. Die CME Group in Chicago betreibt mit CME, CBOT, Nymex und Comex die wichtigsten Terminbörsen der Welt.
Dort werden Kontrakte auf alles gehandelt: Zinsen, Währungen, Rohstoffe, Aktienindizes – sogar Wetterrisiken. Der Clou: Gerade in unsicheren Zeiten sichern sich professionelle Investoren verstärkt über Futures und Optionen ab. Das kurbelt die Handelsaktivität an – und damit die Einnahmen der CME Group.
Die Aktie hat sich in den vergangenen Monaten stabil entwickelt. InvestmentWeek sieht sie als defensiven Wachstumswert mit attraktiver Dividendenrendite (aktuell ca. 4 %). Kritisch bleibt der Blick auf die Bewertung – die CME ist nicht billig. Aber: Qualität hat ihren Preis.
Intercontinental Exchange (ICE): Mehr als nur NYSE
Weniger bekannt, aber nicht minder spannend: Die ICE Group, Mutter der New Yorker Börse (NYSE). Neben dem klassischen Aktienhandel ist ICE stark im Rohstoff- und Kreditderivatebereich unterwegs – etwa mit Handelsplattformen für CO₂-Zertifikate oder Credit Default Swaps. 2024 lag das Handelsvolumen bei über 30 Billionen Dollar – das ist globaler Maßstab.
Die InvestmentWeek schätzt ICE als strategisch breit aufgestelltes Unternehmen mit starker Marktstellung und hoher Innovationskraft. Die Aktie ist fair bewertet, Analysten erwarten rund 10 % Kurspotenzial – plus Dividende.
Nasdaq: Tech-Liebling mit Bauchlandung
Während die meisten Börsenbetreiber zuletzt überdurchschnittlich performten, fiel Nasdaq Inc. aus der Reihe. Zwar stieg der Umsatz um 24 %, doch Gewinn und Margen enttäuschten. Grund: steigende Kosten, hohe Schulden (u. a. durch die Adenza-Übernahme) und sinkende Profitabilität.
InvestmentWeek rät zur Vorsicht: Das Geschäftsmodell ist zwar stark – Nasdaq profitiert vom aktiven Handel mit Technologieaktien und dem boomenden Indexgeschäft. Doch die hohe Verschuldung drückt auf die Bilanz. Wer einsteigt, muss an die Erholung glauben.
Was Anleger jetzt tun sollten
Börsenaktien sind keine Geheimtipps mehr – aber sie bleiben in vielen Depots unterrepräsentiert. Wer Diversifikation sucht und zugleich von der strukturellen Zunahme des Wertpapierhandels profitieren will, sollte die großen Betreiber genau beobachten.
InvestmentWeek rät: Einzelwerte wie die Deutsche Börse oder LSEG sind für langfristig orientierte Anleger mit Qualitätsfokus attraktiv. Wer breiter streuen möchte, kann auf ETFs setzen, die Börsenbetreiber als Teil des Finanzsektors abbilden. Oder gezielt auf globale Index- und Datenanbieter wie MSCI oder S&P Global schauen, die ähnliche Geschäftsmodelle fahren.
Hinweis: Dieser Artikel stellt keine Anlageberatung dar. Alle Informationen dienen ausschließlich der journalistischen Berichterstattung und allgemeinen Information.