27. September, 2025

Märkte

BYD drückt, Deutschland blockt – der riskante Anlauf des Elektro-Champions

BYD feiert Publikumserfolge auf der IAA, wächst rasant in Spanien, England und Italien – scheitert aber bislang am schwersten Markt Europas. Warum der E-Riese trotz Fabrikplänen, 
China-Speed und großem Produktfeuerwerk in Deutschland aufläuft.

BYD drückt, Deutschland blockt – der riskante Anlauf des Elektro-Champions
Trotz 4,3 Millionen verkaufter Autos weltweit kam BYD 2024 in Deutschland nur auf 2.891 Neuzulassungen – ein krasser Kontrast zwischen globalem Erfolg und lokaler Realität.

Showtime in München, Sand im Getriebe in Berlin

Als BYD-Vizechefin Stella Li die Bühne in München betritt, ist die Botschaft klar: Angriff. Mehr Modelle, mehr Markenpower, mehr Präsenz. Der Konzern, der in China binnen fünf Jahren von gut 400.000 auf 4,3 Millionen verkaufte Autos hochzog, will Europa im selben Tempo erobern.

Doch ausgerechnet in Deutschland, dem Referenzmarkt für Technik, Marke und Restwerte, verpufft die Wucht. 2024 kam BYD hierzulande auf weniger als 3.000 Neuzulassungen – weit entfernt von den einst ausgerufenen 120.000 für 2026.

Warum es in Südeuropa klappt – und hier nicht

In Italien, Spanien und Großbritannien trifft BYD auf preissensible Kundschaft, weniger Markentreue und – im Falle des UK – keine EU-Strafzölle auf China-EVs. Die Folge: chinesische Hersteller erzielen dort Marktanteile zwischen rund 7 und 9 Prozent.

In Deutschland ist die Lage anders: Käufer sind loyal, Dienstwagenfahrer restwertgetrieben, und das Preis-Leistungs-Argument allein reicht nicht. MG (SAIC) zeigt, wie’s geht: breites Händlernetz, wenige, klar positionierte Modelle – und Geduld.

Über 60 % der neuen BYD-Fahrzeuge in Deutschland landen bei Händlern oder Vermietern – eine Taktik, die Restwerte drückt und Flottenkunden abschreckt.

Taktik mit Nebenwirkungen: Neuzulassungen und Vermieter

Über 60 Prozent der BYD-Neuzulassungen im ersten Halbjahr gingen nicht an Endkunden, sondern auf Händlerhöfe und Mietwagenflotten. Das erhöht Sichtbarkeit – kratzt aber an der Restwertstory.

Chinesische Modelle liegen ohnehin im Schnitt rund zehn Prozentpunkte unter den Platzhirschen. Wer Massen in die Kurzfristflotte drückt, riskiert künftige Leasingfaktoren und verliert Unternehmensflotten – den Schlüssel zum deutschen Markt.

Produkt-Überangebot trifft Prozess-Engpässe

Elf Modelle für Deutschland – vom City-EV bis zum Plug-in-Kombi – senden Tatendrang, überfordern aber ein noch im Aufbau befindliches Vertriebs- und Service-Ökosystem.

Händler berichten von verspäteten Lieferinfos, falsch befüllten Papieren und einem digitalen Funnel, der nicht nahtlos bis zur Bestellung führt. Ein starkes Portfolio überzeugt nur, wenn Logistik, Zulassung, Ersatzteilversorgung und Finanzierungslinien genauso präzise takten.

Die Ungarn-Karte: Lokalisieren, um zu bleiben

Das Werk in Szeged soll mit CKD-Anlauf zügig hochfahren und mittelfristig 150.000 bis 300.000 Einheiten liefern. Lokale Fertigung senkt Zolldruck, stabilisiert Lieferzeiten und verbessert die Restwertstory („Built in EU“).

Doch Montage ist nicht gleich Industrialisierung: Qualität, Lokalisierungsgrad, Zulieferintegration und Anlaufkurven entscheiden, ob Kunden BYD als europäisch verankert wahrnehmen – oder als China-Importeur mit EU-Briefkasten.

Finanzen unter Druck: China-Speed stößt an Grenzen

Zuhause wütet der Preiskampf, Überkapazitäten drücken Margen, und die Regierung pocht auf raschere Zuliefererzahlungen. Die Folge: weniger Working-Capital-Hebel, mehr Bedarf an sauberer Preissetzung und Modellmix.

Für Europa heißt das: Weg vom reinen Volumenziel, hin zu nachhaltiger Marge – sonst scheitert die Expansion an der eigenen Bilanz.

BYD showcases European commitment and progress at IAA Mobility 2025
BYD, the world’s leading new-energy vehicle (NEV) manufacturer, has used Europe’s largest auto show of 2025 to confirm production plans for the company’s first factory in the region and give a public debut to its Super Hybrid model, the SEAL 6 DM-i TOURING.

Führung im Rampenlicht: Li setzt Ziele, Davino liefert

Maria Grazia Davino soll das Händlernetz in Rekordzeit auf 100+ Standorte ausbauen und parallel die Restwert- und Flottenstory drehen. Das verlangt einen Spagat: aggressives Wachstum ohne Preisdumping, schnelle Präsenz ohne Prozessbruch, volle Showrooms ohne Überforderung der Partner. Jede Woche neue Händler-Posts sind gut – belastbare Durchläufe von Probefahrt bis Auslieferung sind besser.

Die deutsche Besonderheit: Restwerte, Flotten, Service

Der größte Hebel liegt nicht im Showcar, sondern im Zahlenwerk dahinter:

  • Restwerte: Weniger taktische Zulassungen, klare Modellzyklen, professionelles Remarketing.
  • Flottenfähigkeit: Total Cost of Ownership schlagen Listenpreise. Wartung, Garantie, Wertstand – alles durchgerechnet.
  • Servicequalität: 48-Stunden-Teilverfügbarkeit, transparente Reparaturkosten, OTA-Stabilität – das entscheidet über Folgekäufe.

Wettbewerb kontert – und lernt schnell

Volkswagen, Mercedes, BMW, Renault und Stellantis bringen die zweite EV-Welle mit besseren Plattformen, Software-Updates und günstigeren Varianten.

Parallel lokalisieren auch chinesische Wettbewerber: Chery in Barcelona, XPeng bei Magna. Die Lücke schließt sich – Differenzierung entsteht nicht mehr über den Anschlussstecker, sondern über die Gesamtleistung aus Produkt, Marke, Ökonomie und Betrieb.

Drei Szenarien bis 2027

1) „Europa-Anker“: Szeged liefert stabil, Restwerte steigen, Flotten öffnen sich – BYD erreicht >2 % Anteil in DE, nachhaltig.
2) „Volumen ohne Wert“: Hohe Zulassungen via Vermieter, schwache Restwerte – Anteil wächst, Marge erodiert, Händler murren.
3) „Stop-and-Go“: Prozesse bleiben fragil, Portfolio zu breit – teure Lernkurve, Fokus shiftet auf Südeuropa.

Was jetzt zählen wird

  • Fokus statt Feuerwerk: Drei bis vier Kernmodelle mit hoher Drehzahl, klare Preisarchitektur, restriktive Taktik bei Flotten.
  • EU-Industrialisation: Lokaler Content, Qualitätskorridore, Lieferzeit-SLA – sichtbar und messbar.
  • Restwert-Programm: Buy-Back, garantierte RVs, remarketing-fähige Ausstattungen; Partnerschaften mit großen Leasingern.
  • Händler-Enablement: DMS-Integration, schnelle Incentives, Teile-SLA, Lead-to-Delivery in Wochen, nicht Monaten.
  • Markenarbeit: Weniger „China-Speed“-Rhetorik, mehr europäische Verlässlichkeit. Vertrauen schlägt Turbo.
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Schluss ohne Schonung

Deutschland lässt sich nicht im Sprint erobern. Wer hier gewinnen will, muss in langweilige Exzellenz investieren: Prozesse, Restwerte, Service. BYD hat die Technik, die Fabrik und den Willen.

Was fehlt, ist der deutsche Beweis: planbare Lieferketten, stabile Preise, starke Wiederverkaufswerte. Gelingt das, kippt die letzte Bastion. Gelingt es nicht, bleibt BYD die beeindruckende Kraft – ohne Wirkung im Markt, der am schwersten zu knacken ist.