Im Rahmen der aktuellen politischen Diskussionen über ein neues Wehrdienstgesetz in Deutschland zeigt sich der Entwurf erkennbar verbessert im Vergleich zu früheren Legislaturperioden. Dennoch bleibt er unzureichend und verfehlt entscheidende Punkte, die für eine nachhaltige Personalgewinnung und -bindung der Bundeswehr erforderlich sind. Diese Einschätzung teilt André Wüstner, der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Wüstner kritisiert insbesondere das Fehlen klarer Strategien, die notwendig wären, um den Soldatenberuf attraktiver zu gestalten. Obwohl das Bundeskabinett am Vormittag die Details des aktuellen Gesetzentwurfs diskutierte, zeigt sich an zentralen Stellen, dass die Bedürfnisse und Herausforderungen der Bundeswehr nicht vollständig adressiert werden. Die stagnierende Entwicklung im Bereich der Zeit- und Berufssoldaten, deren Anzahl sich nur geringfügig von 170.800 zu Beginn des Jahres auf 171.650 im Juli erhöhte, verdeutlicht diesen Mangel.
Der Entwurf bleibt zudem hinter den ambitionierten Zielen der NATO zurück, die eine Aufstockung der Truppenstärke auf rund 260.000 Soldaten fordert. Um diese Zielmarke zu erreichen, wären innovative Ansätze erforderlich, wie etwa die Einführung neuer Dienst- und Laufbahnmodelle oder die Entwicklung einer spezialisierten Besoldungsordnung. Diese Elemente fehlen jedoch im derzeitigen Gesetzesentwurf.
Ein weiteres kritisches Element ist die Schwerpunktsetzung des Entwurfs auf Freiwilligkeit. Wüstner merkt an, dass ein an Benchmarks ausgerichtetes Verfahren für die verfassungskonforme Einführung der Wehrpflicht im Notfall fehlt. Er betont die Notwendigkeit eines flexiblen Mechanismus, der bei personellen Engpässen die schnelle Umstellung auf Wehrpflicht ermöglicht, falls die Zahl der Freiwilligen nicht ausreicht. Zudem plädiert er für die Berücksichtigung von Vorbereitungen für einen etwaigen Ersatzdienst.
Abschließend richtet Wüstner einen Appell an die Bundesregierung, die „Grenzen der Machbarkeit“, wie sie von Kanzler Friedrich Merz formuliert wurden, zu überwinden. Er warnt davor, dass internationale Akteure, wie Wladimir Putin oder Donald Trump, bei diesen schwelenden Themen keine Rücksicht walten lassen werden. Vor diesem Hintergrund sei ein zügiges und entschlossenes Handeln unabdingbar.