Flughafen Hannover, Dienstagmorgen
Keine Pressefotos, keine offiziellen Zahlen – nur der Hinweis des Innenministeriums, dass „erneut Afghanen mit gültiger Aufnahmezusage“ nach Deutschland gebracht werden. Es ist bereits die vierte Einreisewelle seit dem Regierungswechsel, und sie wirft Fragen auf: Wenn die Aufnahmeprogramme offiziell beendet sind – warum kommen trotzdem weitere Menschen?
Die Bundesregierung verweist auf eine juristische Feinheit: Die Programme seien “formal beendet“, nicht jedoch vollständig abgeschlossen. Konkret bedeutet das: Wer vor Programmschluss eine Aufnahmezusage bekommen hat, darf weiterhin einreisen. Nicht irgendwann – sondern jetzt.
Ungesagte Zahlen
Über die Zahl der Passagiere schweigt Berlin. Die Erfahrung der vergangenen Flüge zeigt jedoch: Es handelt sich nicht um Einzelfälle. Seit dem Regierungswechsel wurden bereits mehrere Gruppen nach demselben Muster eingeflogen. Insgesamt sind auf diesem Weg mindestens 45.000 Afghanen nach Deutschland gekommen.
Ein Teil dieser Gruppe wurde nicht über staatliche Programme abgewickelt, sondern über Klagen. Unterstützung kommt dabei von der NGO „Kabul Luftbrücke“, die für betroffene Familien Visa einklagt. Die Organisation arbeitet eng mit Anwaltskanzleien zusammen, setzt Fristen durch und erhöht politischen Druck, wenn Verfahren stocken.
Das Bundesinnenministerium betont, jeder Einreisende werde geprüft. Man führe „Sicherheitsüberprüfungen“ durch.
Was fehlt, ist Transparenz darüber, wie gründlich diese Prüfungen sind.
Ortskräfte? Oder etwas anderes?
Auffällig ist: Die Bundesregierung sagt nicht, ob sich unter den heutigen Passagieren ehemalige Ortskräfte befinden – also Menschen, die für die Bundeswehr oder deutsche Institutionen gearbeitet haben.
Bei früheren Flügen waren nach Medienberichten häufig keine Ortskräfte dabei, sondern Familien, die Aufnahmezusagen über private Kanäle oder juristische Verfahren erhalten hatten. Genau das kritisieren Gegner des Programms: Es sei unklar, wer einreisen darf und nach welchen Kriterien ausgewählt werde.
Zeit läuft ab
Bis Jahresende hat Pakistan Deutschland Zeit gegeben, die offenen Fälle abzuarbeiten. Rund 1.900 Afghanen mit Aufnahmezusage befinden sich noch in Pakistan und warten auf ihre Ausreise. Wenn Deutschland die Einreise nicht organisiert, droht diesen Menschen die Abschiebung zurück nach Afghanistan – ein Szenario, das das Bundesinnenministerium politisch keinesfalls verantworten möchte.

Der Druck ist also nicht nur moralisch, sondern auch zeitlich.
Juristische Hintertür
Der formelle Aufnahmestopp wirkt nur auf dem Papier. Es gibt drei Wege, weiterhin einreisen zu können:
- Aufnahmezusage vor Programmschluss
- Juristische Verfahren über NGOs
- Sicherheits- und Härtefallregelungen
Gerade Punkt zwei wirkt wie ein Schattenkanal der Migration: Nicht die Politik entscheidet, wer kommt – sondern Anwälte und NGOs.
Politisch heikler Zeitpunkt
Die Bundesregierung versucht, das Thema klein zu halten. Keine Zahlen, keine Kameras, keine Fotos vom Rollfeld. Dabei ist die Dimension erheblich:
- mindestens 45.000 Afghanen bereits in Deutschland
- weitere 1.900 mit Zusage warten
Die Diskussion darüber, ob Deutschland weitere Aufnahmekapazitäten hat – finanziell, sozial, integrationspolitisch – wird mit jedem Flug lauter.
Die Fragen, die offen bleiben
Der heutige Flug ist mehr als eine Transportbewegung zwischen Islamabad und Hannover. Er zeigt einen politischen Konflikt:
- Wie verbindlich ist ein „Aufnahmestopp“, wenn gleichzeitig weiter Menschen kommen?
- Wer entscheidet, wer einreisen darf?
- Warum gibt es keine Transparenz über Passagierstruktur und Kosten?
Die Bundesregierung verweist auf Humanität – und auf Rechtspflichten gegenüber Menschen, denen bereits Schutz zugesagt wurde.

